Angela Merkel
  • Angela Merkel spricht über die Ampel. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Merkels erster Gedanke zum Ampel-Streit: „Männer!“

Kanzler Scholz hatte Finanzminister Lindner im Zusammenhang mit dessen Rauswurf kleinkarierte Parteitaktik vorgeworfen. Der polterte: Der Kanzler sei schuld am Ampel-Aus. Später berichteten „Zeit“ und „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf interne FDP-Kreise, dass Lindner den Koalitionsbruch schon länger plante. Alles ein sehr männliches Gegockel? Das findet offenbar Ex-Kanzlerin Merkel und äußert sich besorgt über die Würde des Amtes.

Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert die Reaktion ihres Nachfolgers Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit dem Bruch der Ampel-Regierung und dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Als Olaf Scholz sich so ungeschminkt äußerte, gab es schon auch ein bisschen Unwohlsein im Publikum. Manche dachten: Wenn unser Bundeskanzler so außer Rand und Band ist – ogottogott –, wie schlecht steht es dann um unser Land“, sagte Merkel dem „Spiegel“.

Auf die Frage, ob Scholz mit seinem Auftritt die Würde seines Amtes verletzt habe, antwortete Merkel in diesem Zusammenhang: „Ich hätte es ja nicht gesagt, wenn ich das für ein Paradebeispiel für Würde hielte.“ 

Der Kanzler führe das Verfassungsorgan Bundesregierung an, sagte Merkel. „Sein Amt hat eine Würde, und die sollte einen stets leiten.“ Man bekomme als Kanzlerin oder Kanzler harte Bandagen zu spüren. „Man verspürt eine Menge Emotionen, aber besser ist, man schreit die Wand in seinem Büro an als die deutsche Öffentlichkeit.“ Ihr spontaner Gedanke beim Anblick der Auseinandersetzungen zwischen Scholz und Lindner sei gewesen: „Männer!“ Auf die Frage, was ihr typisch männlich vorgekommen sei, sagte Merkel: „Zum Beispiel, Dinge persönlich zu nehmen. Das sollte man in der Politik tunlichst vermeiden.“

Scholz hatte Lindner am 6. November nach einem Richtungsstreit vor allem über den Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik aus dem Kabinett geworfen, worauf die FDP ihre Minister aus dem Bündnis mit SPD und Grünen abzog. Scholz warf dem FDP-Vorsitzenden verantwortungsloses Verhalten vor und sagte über den Minister: „Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.“ So sei ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich. 

Merkel über FDP: Kein einfacher Koalitionspartner

In einer SPD-Fraktionssitzung erhielt Scholz lauten Applaus für sein Vorgehen. Scholz will am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Erhält er wie erwartet keine Mehrheit, wird am 23. Februar gewählt.

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Sie habe die FDP „nie als einfachen Koalitionspartner erlebt“, sagte Merkel, die in ihren 16 Jahren als Kanzlerin von 2009 bis 2013 mit der FDP regierte. Mit Blick auf ihre 2017 gescheiterten Verhandlungen über ein sogenanntes Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP sagte die ehemalige Regierungschefin: „Jamaika wäre sehr viel Arbeit gewesen, und ich hätte viel mehr Zeit für die verschiedenen Partner aufwenden müssen. Aber die Frage hat sich ja nicht gestellt, weil Herr Lindner nicht wollte.“ Merkels Memoiren mit dem Titel „Freiheit“ erscheinen an diesem Dienstag. (dpa/mp)

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