Neue Details: Täter von Würzburg griff überwiegend Frauen an
Die Bluttat von Freitagabend sorgt noch immer im ganzen Land für Entsetzen: Mit einem Messer griff ein 24-Jähriger in der Würzburger Innenstadt mehrere Menschen an. Drei von ihnen starben, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Am Sonntag hat die Polizei nun neue Erkenntnisse zu dem Fall bekanntgegeben.
Nach unterschiedlichen Angaben zu Zahl und Identität der Opfer des Messerangriffs von Würzburg hat die Polizei am Sonntag ihre Angaben präzisiert. Demnach starben in einem Kaufhaus drei Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren. Der Verdächtige hatte die Opfer, die dort einkaufen wollten, am Freitagnachmittag unvermittelt mit einem Messer angegriffen, das er sich zuvor in der Haushaltswarenabteilung besorgt hatte. Vorherige Angaben, eine der Frauen habe in dem Laden als Verkäuferin gearbeitet, träfen nicht zu, sagte ein Polizeisprecher.
Zudem verletzte der Somalier in dem Geschäft einen 57 Jahre alten Mann leicht. Der 24-Jährige griff in dem Laden den Ermittlungen zufolge auch eine 52-jährige Frau an. Sie wurde schwer verletzt, ist aber außer Lebensgefahr. Auf der Straße vor dem Kaufhaus fanden Polizisten ein elfjähriges Mädchen sowie einen 16 Jahre alten Jugendlichen – beide mit schweren Verletzungen. Lebensgefahr bestand bei beiden am Sonntag nicht mehr.
Täter von Würzburg griff überwiegend Frauen an
Der Täter verletzte darüber hinaus eine 26 Jahre alte Frau leicht – sie wurde ebenfalls auf der Straße gefunden. In einer nahe gelegenen Bank soll der Mann eine weitere Frau angegriffen haben. Die 73-Jährige kam mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus, ist aber laut Polizei nun außer Lebensgefahr.
Der Zustand einer 39-Jährigen, die der Somalier ebenfalls attackierte, war am Sonntag stabil. Sie sei nicht mehr in einem lebensbedrohlichen Zustand, sagte der Sprecher. Wo der Mann diese Frau angriff, war zunächst unbekannt. Die blutige Bilanz der Messerattacke: drei tote Frauen, drei lebensgefährlich verletzte Frauen, ein Mädchen und ein Jugendlicher in Lebensgefahr, ein leicht verletzter Mann und eine leichtverletzte Frau, so die Polizei.
Ob der Mann aber gezielt Frauen töten wollte, war für die Ermittler am Sonntag noch unklar. „Die sichergestellten Gegenstände werden ausgewertet“, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Sonntag in München dazu lediglich. Das werde einige Zeit dauern, weil beispielsweise Material, das in der Obdachlosenunterkunft des Verdächtigen gefunden wurde, in somalischer Sprache sei. Daher sei es auch noch zu früh, etwa von Hassbotschaften zu sprechen.
Die Beamten untersuchen auch ein gefundenes Handy. „Die Auswertungen dauern einfach, erfahrungsgemäß mehrere Tage“, sagte ein Ermittler der Deutschen Presse-Agentur. „Das muss jetzt alles übersetzt und bewertet werden.“ Unklar ist bislang vor allem das Motiv des Angreifers, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Ermittler gehen zum einen dem Verdacht nach, der 24 Jahre alte Somalier könnte psychisch krank sein. Zum anderen könnte eine extremistische Einstellung für den Messerangriff des Mannes in der Innenstadt mitverantwortlich gewesen sein.
Terrorismusforscher warnt vor Spekulation über Motiv
Indes warnte der deutsche Terrorismusforscher Peter Neumann vom King’s College London vor einer vorschnellen Bewertung des Motivs. Noch unbeantwortet sei die Frage, wie schwer die psychischen Probleme des Angreifers gewesen seien, und die genaue Diagnose dazu, schrieb Neumann am Samstag auf Twitter. Genauso wichtig sei, wie intensiv und wie lange der aus Somalia stammende Mann sich mit dschihadistischen Inhalten beschäftigt habe, ob er mit anderen hierüber gesprochen habe und in jüngster Zeit ein gesteigertes Interesse daran gehabt habe. „Ob der Attentäter von Würzburg ein ‚Dschihadist‘ war, ergibt sich aus den Antworten auf die zwei oben genannten Fragenkomplexe. Kurzum: Wir müssen uns gedulden, denn aufgrund bisheriger Informationen lässt sich die Frage (noch) nicht abschließend beantworten“, betonte Neumann.
Nach seiner Einschätzung sind Einzeltäter „mittlerweile der dominante Modus Operandi bei extremistisch motivierten Gewalttaten in ganz Europa“. Das gelte sowohl für Islamisten wie auch für Rechtsextremisten. Gut daran sei, dass Einzeltäter meist weniger raffiniert vorgingen und deshalb weniger Menschen töteten. Schlecht sei, dass sie für die Sicherheitsbehörden schwerer zu erkennen seien, da sie weniger deutlich in operative Netzwerke eingebunden seien.
Laut Neumann sind Einzeltäter für psychische Probleme anfällig, unabhängig von der Ideologie. Die „Vermischung“ mit psychischen Anfälligkeiten mache die Beurteilung solcher Taten schwieriger.
Die entscheidende Frage sei, ob der Täter bei der Ausführung und/oder Vorbereitung der Tat zurechnungsfähig gewesen sei. Das sei bei Psychosen oder sehr schweren Persönlichkeitsstörungen nicht der Fall. „Doch bei leichteren Persönlichkeitsstörungen schließen sich Extremismus und psychische Vorbelastung nicht gegenseitig aus“, so Neumann. „Mehr noch: Sie können sich ergänzen – eventuell sogar verstärken.“ (mik/dpa)