Mokryhuetten: Dieses Café verbindet ein ganzes Viertel
So viele Reaktionen auf seine Beiträge beim Nachrichtendienst Telegram hatte David Mauer noch nie. Ganz überraschend kamen die hunderten von Emojis wie Herzen, Daumen oder Applaus-Hände aber nicht: Denn Mauer hatte den mehr als 5000 Mitgliedern der Chatgruppe des Nachbarschafts- und Community-Cafés „M1“ mitgeteilt, dass der „Mokryhuetten e.V.“ zu den fünf Vereinen gehört, die bei der Aktion „Lass machen – Geld fürs Quartier“ der Hamburger Volksbank mit Unterstützung der MOPO gewonnen haben. Und das Preisgeld von 20.000 Euro wird an vielen Ecken dringend benötigt.
„Das war wirklich überwältigend. Alle haben sich gefreut, dass unsere Mühen belohnt werden. Jetzt können wir endlich beginnen, das Café zu renovieren“, sagt David Mauer. Mauer ist Vorstand von Mokryhuetten e.V. in Wilhelmsburg. Der Verein ist 2017 aus einer Idee des benachbarten Wohnprojekts „GoMokry*“ in der Mokrystraße 3 entstanden, den Mitgliedern und Bewohnern des Viertels einen kostenlosen Raum für Veranstaltungen und Hilfsangebote zu bieten.
„Bei uns sind die Türen immer offen. Wer unsere Räume nutzen möchte, der muss sein Angebot für alle zugänglich machen“, erklärt Mauer den Ablauf. Finanziert wird das alles durch Spenden – wer an den Events teilnimmt, bestimmt selbst, ob und welchen Betrag er dafür zahlt.
Das „M1“ bekommt neue Technik für Kino und Küche
Und die Idee kommt im Viertel super an. „Unser Kalender ist vor allem abends eigentlich komplett belegt. Wer Interesse hat, im ‚M1‘ etwas stattfinden zu lassen, soll sich einfach bei uns melden“, so Mauer. Doch durch Spenden allein ist zwar der Betrieb, nicht aber eine fortlaufende Instandhaltung und Modernisierung zu bewerkstelligen. Umso größer war die Freude über die gewonnenen 20.000 Euro, mit denen nun vor allem die technische Ausstattung, wie Licht- und Tontechnik sowie diverse Küchengeräte, erneuert werden sollen.
Davon profitiert unter anderem das Event „Reneuto Lichtspiele“, dessen Name in Anlehnung an das 2017 in Wilhelmsburg geschlossene Kino „Rialto Lichtspiele“ gewählt wurde. „Die Schließung war der Grund, warum wir die Kinoabende ins Leben gerufen haben. Wir haben meist für ein oder zwei Monate ein Motto und zeigen oft die weniger bekannten Filme und Dokumentationen“, sagt Initiator Robert Strauß.
Eine weitere Gruppe, die im „M1“ ein zuhause gefunden hat, ist „NINA“ (WomeN IN Action). Dabei handelt es sich um Frauen mit Migrationshintergrund und Supporter:innen aus dem Viertel, die sich mehrmals im Monat treffen, um sich über Asyl- und Rechtsfragen zu beraten, die Kinderbetreuung zu organisieren oder Versammlungen abzuhalten.
Gut besucht ist auch der „Komm spielen – Brettspieletreff“, der jeden ersten Sonntag im Monat im Wohnzimmer stattfindet. Jung und alt trifft sich dann, um vorhandene oder mitgebrachte Spiele auszutesten. Im kleinen Bewegungsraum über dem Café werden kostenlose Sport- und Meditationskurse, wie Feldenkrais und Yoga oder auch Thaiboxen für Anfänger, angeboten. Jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat singt der Mokry-Chor.
Alle Gruppen haben dabei die Möglichkeit, sich in der großen Küche Essen zuzubereiten. „Der Herd ist aber leider arg in die Jahre gekommen. Und irgendwie fehlen immer tiefe Teller“, sagt Simon Stülcken, Vereinsmitglied der Mokryhuetten. Dank des Gewinns soll dem nun Abhilfe geschaffen werden.
Besonderes Anliegen der Mokryhuetten: Gedenktafel für Namensgeber
Thorsten Rathje, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, ist beeindruckt von der Idee und dem Einsatz der Vereinsmitglieder. „Sie zeigen eindrucksvoll, wie Nachbarschaft gelebt und somit die Gemeinschaft in einem ganzen Viertel gefördert wird. Dieses Engagement unterstützt die Hamburger Volksbank sehr gerne“, so Rathje.
Ein besonderes Anliegen ist es den Mokryhuetten zudem, eine Gedenktafel für den Namensgeber der Straße an der Hausfassade anzubringen. „Rudolf Mokry war Schlosser und Schmied in Wilhelmsburg während des NS-Regimes. Er brachte Menschen im Viertel Boxen und Jiu-Jitsu bei, um sich gegen die Nazis verteidigen zu können. Er wurde im Oktober 1944 im KZ Sachsenhausen ermordet“, erinnert David Mauer.
Hier geht es zur Übersichtsseite der Aktion „Lass machen – Geld fürs Quartier“.