Kommentar: Bluttat in Würzburg – Einzeltäter, kein Einzelfall
Ein Mann mit starrem Blick und blutverschmiertem Messer, verfolgt und attackiert von mutigen Passanten: Die Bilder aus Würzburg gleichen auf irritierende Weise den Bildern aus Barmbek im Sommer 2017. Doch nicht nur Tat, Täter und heldenhafte Reaktion der Passanten ähneln sich. Die politischen Reaktionen gleichen auf frappierende Weise denen nach rechtsradikalen Morden – nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Die Linke verstummt, als wäre nichts passiert, spricht höchstens von bedauerlichen Einzelfällen. Die Rechte, vor allem die AfD, sieht gleich das ganze Land von Islamisten unterwandert. Beides ist falsch: Einzeltäter sind bei mutmaßlich extremistisch motivierten Gewalttaten in ganz Europa mittlerweile der dominierende Typus, ob Islamist oder Neonazi. Das macht sie aber nicht zu Einzelfällen, sondern zeugt von einer neuen Bedrohung, die die Sicherheitsbehörden nur schwer bekämpfen können. Und: Die Grenzen zwischen tödlichem Extremismus und psychischer Krankheit sind fließend. Der Hamburger Attentäter wurde wegen Mordes verurteilt, als Verbrecher. Den Gefallen, ihn zum Terroristen und damit für manche Verirrten zum Helden zu machen, hat man ihm nicht getan.
mathis.neuburger@mopo.de