Das Ensemble von „Legende“ begutachtet in einer Szene bunte Teppiche.
  • „Legende“ ist geradezu eine Überwältigung durch Tanz, Gesang, Kostüme und Ausstattung.
  • Foto: Frol Podlesnyi

Das ist Theater total: Bei dieser Inszenierung am Thalia geben alle alles

Vier Stunden Theater über das Leben und Werk eines fast unbekannten armenisch-georgischen Filmregisseurs, das muss man sich auch erst mal trauen! Aber „trauen“, was bedeutet das schon bei einem Mann wie Kirill Serebrennikov? In seiner Heimat Russland ist er jahrelang von den putinierten Behörden drangsaliert worden, verhaftet, unter Hausarrest gestellt. Natürlich traut der sich was!

Mit „Legende“ zeigt er nun bereits die vierte Aufführung im Thalia-Theater, das ihm in den letzten Jahren treu zur Seite stand. Und er zahlt es dem Haus am Alstertor mit gefeierten Premieren zurück. Dass Thalia-Intendant Joachim Lux in dem neuen Stück sogar die Ko-Dramaturgie übernommen hat, zeigt diese besondere künstlerische Verbundenheit zwischen Regisseur und Theater.

Eine Überwältigung aus Tanz, Gesang, Ausstattung und Kostüme

Die Figur im Fokus von „Legende“ ist Sergey Paradjanov, geboren 1924 in Tiflis, gestorben 1990 in Jerewan – ein ganzes Leben in der Sowjetunion also. Besser: an ihren Rändern. Das auch im übertragenen Sinn, denn Paradjanov galt zwar als hochinnovativer Filmemacher, wurde aber vom Staat schikaniert und eingebuchtet, nicht nur, aber auch wegen homosexueller „Umtriebe“. Die Parallelen zu Serebrennikov sind augenfällig. Die Akteure auf der Bühne setzen sich teils aus Mitgliedern des Ensembles, teils aus russischen Weggefährten des Regisseurs zusammen: heterogen, aber hochspannend!

Gespielt werden zehn Szenen oder „Legenden“, es gibt also keine durchgehende Handlung, aber immerhin eine Klammer von „Begegnungen“ Paradjanovs mit seinen verstorbenen Eltern (erst alt, später als junges Paar). Die Akte dazwischen beleuchten entweder Lebensepisoden oder Filmversatzstücke. Nicht immer ist klar, was gerade angesagt ist oder ob sich Dialoge vielleicht sogar manchmal auf beide Regisseure beziehen.

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Das Theatererlebnis wird dadurch aber nicht wesentlich beeinträchtigt, denn hier geht es um eine Überwältigung durch „Stimme und Geste“, durch Tanz und Gesang, durch Ausstattung und Kostüme. Eine solche lange und in ihren Mitteln diverse Inszenierung hat immer ein paar Durchhänger, aber die guten und herausragenden Momente überwiegen. Das Publikum muss sich aufgeschlossen auf den Zauber einlassen und wird mit einem zwar nicht leichten, aber außergewöhnlichen Theaterabend belohnt.

Thalia-Theater: 8., 9. 12., 4.-6.1., Karten 12-59 Euro, Tel. 32814444, thalia-theater.de

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