Ist Hamburg zu ambitioniert? Rettungsdienst kommt häufig zu spät
Hamburgs Rettungsdienst gerät zunehmend unter Druck. Nur 56 Prozent der Einsätze wurden 2024 innerhalb der angestrebten acht Minuten erreicht, wie aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage von Sami Musa (FDP) hervorgeht. Besonders betroffen ist der Bezirk Wandsbek, wo lediglich 42 Prozent der Rettungswagen rechtzeitig am Einsatzort eintrafen.
„Wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern und die Ausbildungskapazitäten erhöhen“, fordert Musa gegenüber dem NDR. Die Engpässe sind oft auf Personalmangel zurückzuführen. In Volksdorf musste deshalb ein Rettungswagen im Jahr 2024 bereits 522 mal außer Dienst genommen werden, weil dieser für die eingeplante Schicht nicht besetzt werden konnte.
Strafzahlung bei RTW-Ausfall
Betroffene Organisationen mussten wegen solcher Ausfälle insgesamt 314.000 Euro Strafzahlungen leisten. Die 2019 in Kraft getretene Novellierung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes (HmbRDG) hat die Strukturen des Rettungsdienstes grundlegend verändert und dadurch zusätzliche Herausforderungen geschaffen. Insbesondere die strikte Trennung von Notfallrettung und Krankentransport sowie neue Vergabeverfahren für Leistungserbringer haben zu einer erhöhten Belastung und organisatorischen Schwierigkeiten geführt.
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Die Feuerwehr Hamburg erklärt: „In weiten Teilen des Bundesgebiets beträgt die Zielvorgabe (Hilfsfrist) im Bereich der Notfallrettung durch Rettungswagen (RTW) zwölf Minuten oder gegebenenfalls bis 15 Minuten. Demgegenüber wird in Hamburg im Rahmen der Haushaltskennzahlen ein Zielwert von nur acht Minuten angesetzt. Bei Zugrundelegung einer Hilfsfrist von zwölf Minuten läge die Erfüllungsquote für Notfalleinsätze mit Rettungswagen im Zeitraum vom 1. bis 3. Quartal 2024 in Hamburg bei 93 Prozent.“
Damit hebt die Feuerwehr hervor, dass Hamburg im bundesweiten Vergleich ambitionierte Vorgaben verfolgt, die den Rettungsdienst zusätzlich unter Druck setzen. Zwar könnte bei einer längeren Hilfsfrist eine hohe Erfüllungsquote erreicht werden, doch dies ändert nichts daran, dass die angestrebte Frist von acht Minuten in der Hälfte der Fälle nicht eingehalten wird. Die eigentlichen Probleme – Personalmangel und organisatorische Engpässe – bleiben dadurch bestehen und belasten die Notfallversorgung weiterhin.
Die Feuerwehr hat in den vergangenen Monaten zusätzliche Rettungsmittel in Betrieb genommen, um die Versorgung zu stabilisieren. Zudem wird die Einrichtung neuer Rettungswachen, etwa in Volksdorf, geplant.
Teilweise werden neue Rettungswachen gebaut – teilweise wird das Problem allerdings auch verschärft
Allerdings gibt es auch Neubaupläne, die bei den Bewohnern der betroffenen Stadtteile nicht immer besonders gut aufgenommen werden. In Stadtteilen wie Finkenwerder wird die Feuer- und Rettungswache aus dem Stadtkern verlagert und weiter in den Hafenbereich gezogen. Damit sollen die Einsatzkräfte schneller im Hafen sein. Ein Neubau am Stadtrand von Finkenwerder soll 2025 in Betrieb genommen werden. Für einige Bewohner der ehemaligen Fischerinsel bedeutet dies allerdings längere Wartezeiten auf einen Rettungswagen.
Eine zusätzliche Rettungswache innerhalb der Ortschaft wurde zwar diskutiert, konkrete Pläne existieren jedoch bislang nicht. Auf eine MOPO-Anfrage hatte sich die Feuerwehr Hamburg dazu nicht geäußert. Obwohl teilweise Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen wurden, warnen gegenüber der MOPO sogar Bedienstete im Rettungsdienst vor einer Verschärfung der Problematik.