Nach mysteriöser Krankheit: Weltmeister wagt Neuanfang in der achten Liga
Eine ungeklärte Krankheit setzte Ex-Nationalspieler Thomas Häßler vor zweieinhalb Jahren matt. In der achten Berliner Spielklasse freut sich der Weltmeister von 1990 über ein neues Kapitel in seiner Vita.
Der gesundheitliche Bruch hatte den früheren Nationalspieler ohne Ankündigung aus dem Alltag gerissen – zweieinhalb Jahre später präsentiert sich der 58-Jährige fit. „Alles ist wieder im Lot. Ich habe wieder Lust auf Fußball gehabt, deswegen bin ich in Spandau gelandet“, sagt der Weltmeister von 1990, der seit dem Sommer den achtklassigen Spandau 06 am ehrwürdigen Ziegelhof zu neuem Glanz führen soll.
Ex-Profi Thomas Häßler litt unter Gedächtnisverlust
Im Sommer 2022 war der 101-malige Nationalspieler mit dem BFC Preußen in die sechstklassige Berlin-Liga aufgestiegen, musste aber im Sommer sein Amt aufgeben, weil eine ungeklärte Krankheit mit Gedächtnisverlust Häßler keine Chance zur Ausübung seines Amts zuließ. Beim Nachfolgeklub des legendären SBC 06, der 2003 nach der Fusion mit dem 1. FC Spandau zu FC Spandau 06 mutierte, gibt man „Icke“ Häßler einige Jahre Zeit, den Verein zu neuen Meriten zu führen.
Für den Europameister von 1996 kein Neuland, er steht seit 2016 an der Seitenlinie unterklassiger Berliner Vereine, weil auch keine anderen Angebote bei ihm vorlagen. „Mir war nur wichtig, wieder eine Aufgabe zu haben, dass ich von zu Hause wegkomme. Das war irgendwann auch langweilig“, sagt Häßler: „Fußball bestimmt seit 50, 55 Jahren mein Leben. Und ohne geht es halt nicht. Deswegen bin ich ja froh, wieder ein Amt zu haben.“ Frei nach dem bekannten Motto, das einer seiner Trainer formulierte: „Gebt dem Icke einen Ball und er ist glücklich.“
Spandau 06 auf einem „schweren, langen Weg“
So begann mit zwei, drei Spielern, die im Sommer nach dem Spandauer Abstieg aus der Landesliga dem Verein die Treue hielten, Häßlers neues Kapitel. Mittlerweile sind es „um die 13 Spieler“, die der Trainer formen kann. Mit 22 Punkten liegt sein Team nach Abschluss der Hinrunde als Tabellensiebter lediglich neun Zähler hinter einem Aufstiegsplatz. Der Fußballer des Jahres 1992 rechnet sich für die Rückrunde noch etwas aus.
„So langsam entwickelt sich eine Mannschaft, das macht dann auch richtig Spaß. Die Jungs haben Bock und setzen die Sachen um, die man ihnen vorgibt. Das dauert seine Zeit“, sagt Häßler und nennt auch einen Grund, warum er in Spandau gelandet ist: „Wir haben hier eine Zeit bekommen von zwei, drei Jahren, um hier etwas aufzubauen. Wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es ein schwerer, langer Weg ist.“
Häßler: „Heute musst du mehr streicheln als früher“
In der Winterpause sollen noch weitere Spieler hinzustoßen, um die Aufstiegsplätze anzugreifen. Häßler würde sich über Verstärkung freuen, auch wenn die jungen Leute anders geführt werden müssen wie zu seiner aktiven Zeit. „Heute ist es eine andere Generation, die musst du mehr streicheln als uns früher. Uns musstest du nichts sagen. Wir waren ja schon zweieinhalb Stunden vor Anpfiff auf dem Platz und wollten unbedingt spielen. Heute kommen sie auch zum Spiel zu spät“, sagt Häßler, der Wert auf Disziplin legt und die auch schon im Laufe der letzten Monate vermitteln konnte: „Das sind alles gute Jungs, die man aber führen muss.“
Die Freude, die dem Ex-Nationalspieler die Arbeit bei Spandau bereitet, wird dabei im Gespräch deutlich. „Ich habe meinen Lebensmut nicht verloren und bin immer noch der gleiche, denke ich“, sagt Häßler, der sich nach seiner Krankheit „natürlich Gedanken gemacht“ hat, aber seinen Lebensstil nicht so verändern wird, „dass man jetzt noch vorsichtiger wird“. Dafür sei seine Krankheit nicht lebensbedrohlich gewesen.
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Allerdings hätten Todesfälle von Mitspielern wie von Andreas Brehme oder drei Akteuren aus Häßlers Zeit bei der AS Rom gezeigt, dass es „sehr schnell“ gehen könne. Für den Ex-Profi, der 2004 seine Karriere beim SV Austria Salzburg beendet hatte, auch ein Zeichen, Danke zu sagen, dass er selbst sich wieder berappeln konnte: „Deswegen versuche ich wieder, ganz normal jeden Tag zu genießen.“ (dpa/mp)