Verkehrschaos auf der A7: Autofahrer hoffen auf einen neuen Elbtunnel
Fast täglich staut sich der Verkehr vor dem Hamburger Elbtunnel. Doch sei das 50 Jahre alte Bauwerk auch ein Segen, erklärt der ADAC – und hofft auf eine weitere Untertunnelung der Elbe.
Als Fluch und Segen bezeichnet der ADAC den vor 50 Jahren eröffneten Hamburger Elbtunnel. Zwar staut sich der Verkehr beinahe täglich auf der A7 vor den beiden Tunnelportalen, doch ohne die Unterführung wäre der Hamburger Autoverkehr eine Katastrophe, sagt ADAC-Sprecher Christof Tietgen. Mit der Fertigstellung des Lärmschutztunnels Altona Ende 2028 und der Autobahnerweiterung auf acht Spuren werde sich die Staulage entspannen.
Zurzeit rollen täglich rund 120.000 Fahrzeuge – ein Fünftel davon Lastwagen – durch den Elbtunnel, etwa doppelt so viele wie ursprünglich geplant. Allerdings bestand der am 10. Januar 1975 eröffnete Tunnel zunächst auch nur aus drei Röhren mit zusammen sechs Spuren. Die vierte Röhre wurde erst im Jahr 2002 nach siebenjähriger Bauzeit in Betrieb genommen.
A20-Erweiterung könnte Elbtunnel um bis zu 25 Prozent entlasten
Autofahrer können die Elbe in Hamburg auch über Brücken passieren: innerstädtisch über die Elbbrücken und außerstädtisch über die Norder- und Süderelbbrücken der A1. Während die Brücken zum Teil marode sind, ist der Elbtunnel in einem guten Zustand. „Da haben wir nichts zu meckern“, sagt ADAC-Sprecher Tietgen. Eine wirkliche Entspannung der Verkehrslage wird nach Einschätzung des Automobilclubs aber erst der geplante Bau eines weiteren Elbtunnels nordwestlich von Hamburg bringen.
Die Ostsee-Autobahn A20 soll eines Tages von Bad Segeberg bis nach Niedersachsen weitergeführt werden. Zwischen Glückstadt (Schleswig-Holstein) und Drochtersen (Niedersachsen) soll sie die Elbe queren. Die sogenannte Nordwest-Umfahrung Hamburgs würde den Verkehr auf der A7 um 20 bis 25 Prozent verringern, schätzt der ADAC.
Der Planfeststellungsbeschluss für den Tunnel der A20 ist seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im April vergangenen Jahres rechtskräftig. Doch der Weiterbau der Autobahn ab Bad Segeberg ruht seit 2013. Die Bundesrichter sahen den Fledermausschutz nicht ausreichend beachtet. Die Segeberger Kalkberghöhlen gelten als größtes Fledermaus-Überwinterungsquartier Deutschlands.
Meisterleistung an der Elbe – Acht Röhren auf dem Flussgrund
Der Hamburger Elbtunnel wurde in sechseinhalb Jahren gebaut. Der erste offizielle Rammschlag wurde am 19. Juni 1968 in Anwesenheit von Bundesverkehrsminister Georg Leber (SPD) ausgeführt. Die eigentliche Tunnelstrecke bestand aus drei größeren Bauabschnitten: einem 1056 Meter langen Absenktunnel aus acht vorgefertigten Betonelementen, die in eine im Flussbett ausgebaggerte Rinne gesetzt wurden, einem 1113 Meter langen Tunnel, der unter dem nördlichen Elbhang im Schildvortrieb gegraben wurde, und einem 325 Meter langen Abschnitt in offener Bauweise auf nördlicher Seite. Hinzu kamen die Tunneleinfahrten.
Für die Konstruktion wurden gut 3,4 Millionen Kubikmeter Erde bewegt. Die abgesenkten Tunnelelemente waren jeweils 132 Meter lang, 42 Meter breit und 8,40 Meter hoch. Das markante Südportal entwarf der Architekt Egon Jux (1927-2008), der zusammen mit seinem Kollegen Paul Boué auch die zeitgleich errichtete Köhlbrandbrücke konstruierte. Bei Baubeginn wurde die Kosten des Tunnels mit 380 Millionen D-Mark angegeben, schließlich kostete das Projekt mehr als eine halbe Milliarde Mark (ca. 250 Millionen Euro).
Wirtschaftsmotor Elbtunnel
Vor der Eröffnung gab es ein sechstägiges Volksfest an den Tunnelportalen. Rund 600.000 Menschen wanderten zu Fuß durch den Tunnel. Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918-2015/SPD) äußerte in seiner Ansprache zur Inbetriebnahme die „absolute Gewissheit“ der Bundesregierung, dass es „ab Sommer mit der wirtschaftlichen Entwicklung wieder aufwärtsgehen“ werde. Deutschland befand sich damals nach dem Ölpreisschock von 1973 in einer Rezession.
Der Hamburger Bürgermeister Hans-Ulrich Klose (SPD) betonte, dass der Tunnel Länder, Regionen und Stadtteile verbinde. Zwei junge Frauen in Finkenwerder Tracht von der südlichen Elbseite überreichten Schmidt, der aus dem nördlichen Stadtteil Barmbek stammte, zur Aufhebung des „Nord-Süd-Konflikts“ Blumen und einen Riesenpokal Bier als „Versöhnungstrunk“, wie die Deutsche Presse-Agentur damals berichtete.
Sperrungen haben Auswirkungen bis nach Helsinki
Der Elbtunnel ist das sensibelste und meist überwachte Stück der fast 1000 Kilometer langen Autobahn A7, die von der dänischen Grenze bei Flensburg bis an die österreichische Grenze bei Füssen verläuft, sagte der Leiter des Tunnelbetrieb-Kompetenzzentrums, Andree Poggendorf. Eine Sperrung habe Auswirkungen auf den Warenverkehr bis nach Helsinki, wenn Lastwagen nicht mehr rechtzeitig die Ostseefähren erreichten. Die Leitzentrale, die insgesamt 59 Mitarbeiter zähle, sei rund um die Uhr besetzt.
Am 4. Juli vergangenen Jahres geriet ein Lastwagen in der vierten Röhre in Brand. Die Zugmaschine des Sattelzuges brannte aus, doch niemand wurde verletzt. Die Feuerwehr, die am Nord- und am Südportal über je eine Wache verfügt, hatte die Flammen innerhalb einer halben Stunde gelöscht. Trotz schwerer Schäden an der vierten Röhre konnte der Verkehr nach wenigen Stunden wieder durch die drei anderen Röhren fließen. Sicherheit steht für die Leitzentrale an oberster Stelle, doch dann komme gleich die Verfügbarkeit des Tunnels, erklärt Poggendorf. Im Brandfall wird der Tunnel sofort komplett gesperrt, damit Menschen durch Verbindungstunnel von Röhre zu Röhre flüchten können und Rettungsfahrzeuge freie Zufahrt haben.
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Die Tunnelleitzentrale wird zurzeit neu gebaut. Die Mitarbeiter überwachen nämlich nicht nur den Elbtunnel, sondern auch die Lärmschutztunnel in Hamburg-Stellingen und Schnelsen, sowie weitere Unterführungen in Hamburg und Schleswig-Holstein, darunter den Moisling-Tunnel der A20 in Lübeck oder der Tunnel Barsbüttel im Autobahnkreuz Hamburg-Ost. Künftig kommen weitere Aufgaben hinzu: Auch der geplante A20-Elbtunnel und der Tunnel unter dem Fehmarnsund sollen von der Zentrale in Hamburg betrieben werden. (dpa/mp)
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