Fristverlängerung, Irvine-Dinner: Wie St. Pauli um Genossenschafts-Millionen kämpft
Neues Jahr, neuer Schwung? Das erhofft sich der FC St. Pauli nicht nur für den sportlichen Wiederbeginn und startet mit drei Wintertransfers in die zweite Saisonhälfte. Auch bei der Genossenschaft geht der Kiezklub noch einmal in die Offensive und will im Kampf um weitere Millionen die Nachfrage ankurbeln – auch mit ungewöhnlichen Aktionen. Das zunächst ausgerufene und sehr ambitionierte 30-Millionen-Ziel wird nur schwer zu erreichen sein, aber die nahe 20-Millionen-Marke soll so deutlich wie möglich übertroffen werden. Bleibt das Projekt hinter den eigenen Erwartungen zurück?
Die wichtigste Veränderung am ursprünglichen Plan: der Verein verlängert die Zeichnungsphase, deren Ende für den 31. Januar angesetzt war, um zwei Monate bis zum 31. März. Mehr Zeit – für deutlich mehr Geld? Das ist die Hoffnung. Aber wie viel ist noch drin und realistisch zu erwarten?
St. Paulis Genossenschaft: Verkauf bis 31. März verlängert
Aktuell liegt die durch Anteilsverkäufe eingenommene Summe bei rund 18,3 Millionen Euro. Mit der verlängerten Frist will der der Verein „hoffentlich noch deutlich über den 20 Millionen Euro landen“, betonte Präsident Oke Göttlich bei einer Pressekonferenz im Millerntorstadion am Mittwoch, bei der eine erste Bilanz gezogen wurde.
Mit gut 20 Millionen könnte die Genossenschaft nach Vereinsangaben wie geplant (und auch beworben) Mehrheitsanteilseigner des Millerntorstadions werden. „Wir streben weiterhin eine Mehrheitsbeteiligung an. Da ist nur noch ein kleiner Weg zu gehen, das Ziel werden wir auf jeden Fall erreichen“, sagt Genossenschaftsvorstand Miriam Wolframm.
Anteile für 18,3 Millionen verkauft – bald digital möglich
Fakt ist: Nach dem Boom der ersten Verkaufstage der 850 Euro teuren Anteile ab dem offiziellen Start am 10. November – in der ersten Woche Zeit wurden Anteile im Wert von rund 15 Millionen Euro veräußert – ist die Zeichnungszahl deutlich zurückgegangen. Der Verein führt dies auch darauf zurück, dass es Verzögerungen bei der Bearbeitung aller Anträge gegeben habe und erst Mitte dieses Monats eine digitale Zeichnung möglich sein, was zuvor aufgrund einer Gesetzeshürde nicht durchführbar war, nach einer Gesetzesänderung zum 1. Januar nun schon. Auch deshalb sei die Frist verlängert worden.
Der Verein hofft, dass diese Vereinfachung Interessenten überzeugt, die das ursprüngliche und umständlichere Registrierungs-Prozedere noch abgeschreckt hat. Zeichnungs-Potenzial sehen die Verantwortlichen insbesondere in der jüngeren Zielgruppe und beim FC St. Pauli ist man überzeugt, dass die in Kürze mögliche Digital-Registrierung ein Schlüssel ist.
Bislang 14.500 Genossinnen und Genossen
Bislang haben rund 14.500 Genossinnen und Genossen Anteile erworben, wie der Genossenschaftsvorstand mitteilte. Der FC St. Pauli wertet das als großen Erfolg. „Nach unserer Erkenntnis gibt es keine Genossenschaft, die jemals innerhalb von 60 Tagen so viel Geld eingesammelt hat“, sagt Vorstand Andreas Borcherding.
St. Pauli kündigte zugleich an, nochmal offensiver um Anteils-Käuferinnen und -Käufer außerhalb der Mitgliedschaft und des Stadtteils werben zu wollen, allerdings stellt sich die Frage, für welche Personen ohne Beziehung oder Bezug zum FC St. Pauli ein Anteilskauf von Interesse sein sollte, sprich: wie groß kann eine solche Zielgruppe sein? Denn große Renditen versprechen Genossenschaften bekanntlich nicht.
Verein will außerhalb des „St. Pauli-Kosmos“ trommeln
„Die erste Phase war ganz klar, hier den Kosmos des Vereins abzuholen“, erklärt Borcherding. Die Postleitzahlenanalyse der Anteilsverkäufe habe das „ganz genau“ gezeigt. „Man kann eigentlich hier so einen Kreis um dieses Stadion ziehen. Das heißt, wir haben überwiegend Personen aus dem Umfeld des Vereins gewonnen.“
Interessant: der durchschnittliche Anteilskäufer ist nach Vereinsangaben männlich (78 Prozent – das entspreche dem Anteil in der Mitgliedschaft) und 51 Jahre alt.
Dinner mit Jackson Irvine zu gewinnen
Auf den St. Pauli-Kosmos zielt auch die neue Gewinn-Aktion ab. Wer noch bis zum 31. Januar – also bis zum ursprünglichen Ende der Zeichnungsphase – Anteile kauft, nimmt an einem Gewinnspiel teil. Verlost werden unter anderem ein Abendessen mit St. Pauli-Kapitän Jackson Irvine, ein Treffen mit Schachweltmeister Magnus Carlsen, im Spiel getragene Trikots von Eric Smith oder VIP-Tickets für Heimspiele. Der Kiezklub plant zudem noch ein großes Genossenschafts-Event mit Vor-Ort-Zeichnung im Stadion im Frühjahr.
Die Marktforschung im Vorfeld der Genossenschaftsgründung hatte ein signifikantes bundesweites Potenzial an Interessenten ergeben. Wie groß dieser Personenkreis tatsächlich und in der Konsequenz eines Anteilskaufes sein wird, wird sich spätestens nach dem 31. März zeigen. St. Pauli will die PR-Aktivitäten jedenfalls deutlich ausweiten.
FC St. Pauli hofft auf insgesamt 25 Millionen Euro
Darüber hinaus ist der Verein in Gesprächen mit bestehenden Partnern und Sponsoren, die in größerer Stückzahl Anteile erwerben wollen oder könnten. Die Techniker Krankenkasse hat dies bereits getan. Weitere Unternehmen sollen folgen.
Nach MOPO-Informationen gibt es innerhalb des Vereins und des Genossenschafts-Vorstandes weiterhin die Hoffnung und auch Überzeugung, die 25-Millionen-Marke übertreffen zu können.