Mensch am Rollator

Hamburg kauft den Heimbetreiber „Pflegen & Wohnen“ zurück (Symbolbild) (Foto: dpa/Marijan Murat)

Millionen-Deal: Hamburg kauft 13 Pflegeheime zurück

Für 65 Millionen Euro verkaufte der damalige CDU-geführte Senat 2007 den Heimbetreiber „Pflegen & Wohnen Hamburg GmbH“ (P&W), nun kauft Hamburg das Unternehmen von dem Konzern Vonovia zurück – für 380 Millionen Euro. Damit betreibt die Stadt zukünftig wieder 13 Pflegeheime mit 2400 Plätzen und 2000 Mitarbeitern und wird der größte Anbieter auf dem Pflegemarkt, wie der Senat am Mittag auf der Landespressekonferenz bekannt gab. Trotz der großen Preissteigerung spricht der Finanzsenator von einem guten Geschäft.

Ist es plausibel, etwas für 380 Millionen zurückzukaufen, das man selbst einst für 65 Millionen Euro verkauft hat? Man möge nicht „Äpfel mit Birnen vergleichen“, so Finanzsenator Andreas Dressel (SPD): „Es wurde in der Zwischenzeit viel saniert und gebaut“, alleine seit 2018 habe Vonovia rund 400 Millionen Euro in die Heime investiert. Müsste Hamburg derzeit neue Einrichtungen mit 2400 Pflegeplätzen bauen, würde es viel teurer werden: „So erhalten wir zu einem fairen Preis 13 möblierte und betriebsfertige Pflegeheime.“ Jede Immobilie sei vor dem Kauf „vom Keller bis zum Dachboden“ gründlich überprüft worden. Die Summe liege „innerhalb der ermittelten und plausibilisierten Bewertungsspanne.“

Am 17. Januar 2025 soll der Kaufvertrag notariell unterzeichnet werden. 2007 hatte der damalige Senat unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) „Pflegen&Wohnen“ wie viele andere städtische Besitztümer versilbert – für 65 Millionen Euro. Die damaligen Käufer reichten das Unternehmen später an die „Deutsche Wohnen weiter“, die ihrerseits von dem börsennotierten Wohnriesen Vonovia geschluckt wurde. Der Konzern hatte nun verkündet, die Pflegesparte verkaufen zu wollen, um sich auf das Geschäft mit Wohnungen zu konzentrieren.

„Pflegen & Wohnen“ wird wieder städtisch

Finanzsenator Andreas Dressel ist erfreut über den Deal: „In einem zentralen Bereich der Daseinsvorsorge übernimmt Hamburg wieder selbst Verantwortung.“ Dass damit auch die P&W-Grundstücke und die Immobilien wieder in städtischer Hand sind, füge sich „nebenbei gut ein in unsere soziale Bodenpolitik.“ Der Kauf belaste nicht den Haushalt, sondern wird durch Kredite über die „Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV)“ abgewickelt, die städtische Konzernholding.



P&W sei ein „finanziell solide aufgestelltes Pflegeunternehmen“, lobt der Senator, die Hamburger Heime seien alle saniert und in gutem Zustand. Die Zeit drängte: Demnächst laufen „Veränderungssperren“ aus, ein möglicher Investor hätte also Standorte umwandeln können, etwa in luxuriöse Seniorenwohnungen – was angesichts bereits erfolgter Heimschließungen für die Versorgung von Pflegebedürftigen in Hamburg eine Katastrophe geworden wäre. Insgesamt hat die Stadt in jüngster Vergangenheit rund 700 Pflegeplätze verloren, weil private Betreiber ihre Heime aufgegeben habe. Insgesamt gibt es in Hamburg rund 15.000 Pflegeplätze.

Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, begrüßt den Rückkauf: „Sonst hätte die Gefahr bestanden, dass die Gebäude an beliebige Investoren verkauft werden. Es wäre nicht damit zu rechnen gewesen, dass Investoren Rentnerinnen und Rentner preiswert wohnen lassen würden.“ Für einen Pflegeplatz in Hamburg zahlen Heimbewohner bereits jetzt gut 3000 Euro im Monat als Eigenanteil.

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Der Rückkauf passt auch zu der Strategie der Stadt, Grund und Boden möglichst wieder unter städtische Kontrolle zu bringen, um Spekulationen einen Riegel vorzuschieben. Auch Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer begrüßt als zukünftige P&W-Aufsichtsratsvorsitzende den Kauf der Heime: „Die Stadt übernimmt mit dem Rückkauf von Pflegen & Wohnen ein am Markt erfolgreiches Unternehmen. Nicht zuletzt sichern wir dauerhaft 2.000 tariflich bezahlte Arbeitsplätze von Beschäftigten in der Pflege.“ 

Die Opposition sieht den Deal des Senats naturgemäß kritisch. Die CDU, die die städtischen Pflegeheime einst verkauft hat, hat den „Eindruck eines teuren Wahlkampfmanövers“, die Linken merken an, dass der Rückkauf ja eigentlich ihre Idee gewesen sei. Formal muss die Bürgerschaft dem Kaufvertrag nicht zustimmen, trotzdem will Bürgermeister Peter Tschentscher den Abgeordneten eine Drucksache vorlegen und „ein Votum einholen“.

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