HSV und St. Pauli entsetzt über Kosten-Urteil – Grote will handeln, Polizei jubelt
Mit Spannung wurde auch in Hamburg auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewartet. Am Dienstag entschied der Erste Senat in Karlsruhe darüber, ob Bundesländer künftig die Polizeikosten bei Hochrisikospielen den gastgebenden Vereinen in Rechnung stellen dürfen. Das Urteil: Sie dürfen es. Damit scheiterte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen. Entfacht war der Rechtsstreit 2015 im Anschluss an das Bundesliga-Spiel zwischen Werder und dem HSV, bei dem es zu Kosten in Höhe von über 400.000 Euro gekommen war und die Stadt Bremen diese Summe Werder in Rechnung stellte.
Erwartungsgemäß schlug das Karlsruher Urteil hohe Wellen. Auch bei den Profiklubs in Hamburg. „Wir begrüßen, dass es nun verfassungsrechtliche Klarheit gibt. Das Urteil selbst nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, weil sich daraus viele weitere Fragen ergeben, was die Konsequenzen betrifft“, ließ der FC St. Pauli auf MOPO-Nachfrage wissen.
Der Kiezklub fürchtet vor allem eine Ungleichbehandlung und hohe Kosten durch Attacken von Gästefans. „Wir zahlen dann die Zeche für das Fehlverhalten auswärtiger Fans. Wir erleben zahlreiche Anfeindungen, weil wir beispielsweise für Diversität eintreten. Diese Anfeindungen können dazu führen, dass wir als FC St. Pauli öfter Hochrisikospiele durchführen müssen und dementsprechend höhere Kosten haben“, heißt es in der Stellungnahme. „Kosten, die anderen Klubs mit weit mehr Geld nicht entstehen. Dies kann nicht im Sinne einer bundesweiten Gleichbehandlung sein.“
HSV-Vorstand Huwer: „Nehmen es mit Irritation zur Kenntnis“
Der HSV reiht sich in die Beurteilung der Entscheidung aus Karlsruhe ein. „Wir respektieren das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auch wenn wir es mit Irritation zur Kenntnis nehmen, da es die staatliche Sicherheitsarchitektur in Frage stellt. Öffentliche Sicherheit darf nicht privatisiert werden“, kritisiert Finanzvorstand Dr. Eric Huwer in einer Mitteilung des Klubs und ergänzt: „Der HSV übernimmt bereits umfassend die Kosten für den Veranstaltungsschutz im Stadion und der direkten Umgebung. Ereignisse im öffentlichen Raum, unabhängig vom Anlass, liegen jedoch außerhalb unserer Zuständigkeit und Einflussmöglichkeiten.“
Huwer plädiert direkt für eine „bundesweit einheitliche Regelung“, die „Wettbewerbsnachteile verhindert, finanzielle Belastungen fair verteilt und die Verhältnismäßigkeit wahrt.“
Polizeikosten-Fonds wäre jetzt umsetzbar – das sagt Andy Grote
Auch von der Stadt gab es erste Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Bereits im September 2024 hatten die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen einen Antrag in die Hamburgische Bürgerschaft eingebracht, der eine gerechtere Kostenteilung für Polizeieinsätze rund um Spiele des HSV und des FC St. Pauli vorsieht. Der Plan: Bei Ablehnung der Verfassungsbeschwerde der DFL soll die Einführung eines bundesweiten Polizeikosten-Fonds geprüft werden, der die Klubs an den Kosten beteiligt. Dieser Fall tritt mit dem Urteil nun ein.
„Damit steht das Thema Stadionsicherheit und polizeilicher Aufwand wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Umso wichtiger ist es, dass wir bei der Umsetzung der Verabredungen aus dem Sicherheitsgipfel jetzt zügig vorankommen und insbesondere die zentrale Stadionverbotskommission schnell kommt“, sagte SPD-Innensenator Andy Grote zu der Nachricht aus Karlsruhe.
Polizeigewerkschaft freut sich über das Urteil
Freude über das Urteil gab es auf Seiten der Polizei. Die Deutsche Polizeigewerkschaft Hamburg (DPolG) reagierte beinahe euphorisch und stellte erste Forderungen. „Jetzt ist die Rechtslage geklärt und es gibt keine Ausreden mehr. Es ist nicht einzusehen und vermittelbar, dass sich die Vereine aus der finanziellen Verantwortung nehmen und notwendige Sicherheitskosten alleine dem Staat und damit dem Steuerzahler überlassen“, lässt sich Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der DPolG in einer Mitteilung zitieren.
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In den Äußerungen Jungfers lässt sich aber durchaus auch herauslesen, dass dieses Urteil nicht nur Konsequenzen für Fußballspiele haben könnte, sondern auch für andere Großveranstaltungen in der Stadt. In der Stellungnahme spricht der DPolG-Landesvorsitzende von „kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltungen“.
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