Viele Hochrisikospiele drohen: Das bedeutet das Polizeikosten-Urteil für den HSV
Das Urteil polarisiert. Konkret: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Beteiligung der DFL an den Polizeikosten für Hochrisikospiele löste mancherorts Zustimmung aus – stößt bundesweit aber auch auf breite Ablehnung. Zum Beispiel beim HSV, deren Finanzvorstand Eric Huwer sagt: „Wir respektieren das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auch wenn wir es mit Irritation zur Kenntnis nehmen, da es die staatliche Sicherheitsarchitektur infrage stellt.“ Welche Hochrisikospiele könnten dem HSV aber überhaupt bevorstehen?
Die Worte, die am Dienstag aus dem Volkspark in die Öffentlichkeit getragen wurden, sind sehr deutlich. Die öffentliche Sicherheit dürfe nicht privatisiert werden, betonte Huwer in einem Statement als Reaktion auf das umstrittene Kosten-Urteil. Die Argumente des Finanzchefs lauten: „Der HSV übernimmt bereits umfassend die Kosten für den Veranstaltungsschutz im Stadion und der direkten Umgebung. Ereignisse im öffentlichen Raum, unabhängig vom Anlass, liegen jedoch außerhalb unserer Zuständigkeit und Einflussmöglichkeiten.“
HSV-Boss Huwer für „bundesweit einheitliche Regelung“
Daher setze sich der HSV zusammen mit der DFL und anderen Klubs dafür ein, „eine bundesweit einheitliche Regelung zu schaffen, die Wettbewerbsnachteile verhindert, finanzielle Belastungen fair verteilt und die Verhältnismäßigkeit wahrt“, ergänzte Huwer. Die Sicherheit der Zuschauer bleibe dabei das oberste Anliegen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass eine Bremer Regelung, nach der die Kosten für zusätzlichen Polizeiaufwand bei besonders gewaltgeneigten Spielen der Bundesliga an die DFL weitergegeben werden dürfen, verfassungsgemäß ist. Damit geht ein rund zehn Jahre andauernder Rechtsstreit zwischen der Hansestadt Bremen und der DFL zu Ende. Damals stellte das Land Bremen nach dem Derby zwischen Werder und dem HSV der DFL erstmals eine Rechnung (425.000 Euro) für einen Polizeieinsatz – da es sich um ein Hochrisikospiel handelte.
Auch HSV-Nordduelle mit Werder und St. Pauli betroffen
Das Nordderby zwischen dem HSV und Werder gab es zuletzt in der Spielzeit 2021/22, in den beiden vergangenen Saisons fiel dieses Hochrisikospiel entsprechend weg. Sollten die Hamburger und der SVW bald aber wieder in einer gemeinsamen Liga spielen – zum Beispiel, wenn der HSV dieses Jahr in die Bundesliga aufsteigt und Bremen die Klasse hält –, dann wären zwei weitere Hochrisikospiele in Deutschland garantiert. Auch das Stadtderby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli wurde in den Vorjahren immer wieder so eingestuft – und brächte zukünftig große Mehrkosten für die beiden Stadtrivalen mit sich, sobald sie denn wieder in derselben Liga antreten und sofern die Hamburger Politik die Profivereine ebenfalls an den Kosten beteiligen will. Mögliche Handlungsideen stehen bereits.
Das „Abendblatt“ berichtet unter Berufung auf eine Kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten Deniz Celik, dass die Polizei in der vergangenen Saison allein für den HSV insgesamt knapp 53.000 Stunden lang im Einsatz war. 2023/24 gab es beim HSV demnach acht Hochrisikospiele – inklusive der Stadtderbys gegen St. Pauli. Das hieße laut der Zeitung, „dass sich die Hamburger an knapp 38.000 Einsatzstunden von 4660 Polizisten beteiligen müssen“.
Risikospiele auch schon gegen Hansa, KSC und Magdeburg
Im November 2023 zum Beispiel wurde das HSV-Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig von der Hamburger Polizei als Risikospiel eingestuft – weil die Beamten das Verhältnis der beiden Zweitliga-Nordklubs als „rivalisierend“ einstuften. Die Folge: Die Anzahl der eingesetzten Polizisten wurde angepasst – auch, um die beiden Fanlager bei der An- und Abreise strikt voneinander zu trennen. Am zweiten April-Wochenende dieses Jahres wird die Eintracht aus Braunschweig erneut in Hamburg zu Gast sein. Außerdem wurden die HSV-Duelle mit dem FC Hansa Rostock in der Vergangenheit in aller Regel als Hochrisikospiel eingestuft. Durch den Rostocker Abstieg in die 3. Liga droht eine solche Einstufung in dieser Zweitliga-Saison nicht mehr, derzeit rangiert der FC Hansa auf Tabellenplatz acht.
Trotzdem ist noch nicht auszuschließen, dass der HSV und die „Kogge“ in der kommenden Saison wieder in der Zweiten Liga aufeinander treffen – einen Hamburger Nicht-Aufstieg sowie einen Hansa-Aufstieg vorausgesetzt. Duelle mit dem aktuellen Drittliga-Tabellenführer und Aufstiegskandidaten Dynamo Dresden bergen auch Brisanz.
Hohe Mehrkosten für Vereine mit vielen Hochrisikospielen
Zudem wurden HSV-Spiele gegen den aktuellen Zweitliga-Konkurrenten Karlsruher SC in den vergangenen Jahren schon mal als Risikospiel eingestuft. Wegen befürchteter Gewaltbereitschaft einiger Fans liefen Hamburger Duelle mit dem FC Magdeburg zuletzt sogar unter „Hochrisikospiel“. Wie viele solcher Partien dem HSV in Zukunft bevorstehen, hängt auch vom sportlichen Saison-Ausgang ab – dem eigenen, und dem der größten Rivalen.
Das könnte Sie auch interessieren: Überraschende Option: Wie der HSV nach dem Katterbach-Schock plant
Klar ist nach dem Urteil vom Dienstag aber: All denen Klubs, die überdurchschnittlich viele Hochrisikospiele bestreiten, dürften bald die größten finanziellen Mehrkosten bevorstehen. Und der HSV dürfte als einer der größten Traditionsvereine des Landes mit mehr als 110.000 Mitgliedern besonders betroffen sein – egal, in welcher Liga.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.