Nach 120 Jahren: Traditions-Buchladen in Hamburg macht dicht
Und wieder verliert Hamburgs City ein kleines individuelles Geschäft: Die „Bücherkoje“ am Jakobikirchhof macht dicht – nach 120 Jahren. Doch einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer gibt es noch.
Als kleines Mädchen liebte es Frauke Eikmeier (65), im Tante-Emma-Laden ihrer Oma zu stöbern. Der lag im 500-Seelen-Dorf Gönnebek bei Segeberg und besonders der „Schokoladenschrank“ hatte es der kleinen Frauke angetan. Die Großmutter ist lange tot, das Schoko-Schränkchen steht heute in der Wohnung der Buchhändlerin und die hat sich mit der Bücherkoje in der Hamburger Innenstadt den Traum von einem Tante-Emma-Laden mit Büchern erfüllt. Tausende Werke stapeln sich auf gerade mal 45 Quadratmetern im Schatten der Jakobikirche.
Die „Bücherkoje“ erzählt eine lange Geschichte
Gegründet wurde das Geschäft allerdings schon um 1900 in Hannover. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg zog es die Buchhändler Bolm & Lockemann nach Hamburg. Zunächst boten sie ihr Sortiment in einem Pavillon am Jakobikirchhof an, dann ließ die Kirche 1956 einen Neubau an der Kirche errichten und die Buchhändler bezogen dort einen damals noch zweistöckigen Laden. 1977 machte Barbara Siller daraus die „Bücherkoje“, ging 2005 in den Ruhestand. Frauke Eikmeier arbeitete damals in einen Antiquariat und wurde ihre Nachfolgerin.
Der Sprung ins kalte Wasser der Selbstständigkeit bedeutete dann allerdings auch oft eine Sieben-Tage-Woche und kaum Urlaub. Ohne Hilfe ihrer fleißigen Mitarbeiterin Ute Paulsen hätte die Buchhändlerin wohl kaum so lange durchgehalten. Der MOPO sagte Frauke Eikmeier: „Ich werde die vielen treuen Kunden sicher vermissen. Aber ich freue mich auch auf Städtereisen nach Paris, Prag oder Barcelona, die ich bisher einfach nicht machen konnte.“
Einer der treuen Kunden ist der ehemalige Zeit-Redakteur Benedikt Erenz. Der 62-jährige sagt: „Das macht mich wirklich traurig, wo soll ich mir jetzt nur meine Bücher kaufen? Bei Amazon sicher nicht!“
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Am 2. August beginnt der Ausverkauf. Am 31.August soll Schluss mit der Bücherkoje sein. Doch der Vermieter, die Evangelische Kirche, sucht einen Nachmieter und vielleicht findet sich ja eine Buchhändlerin, die in die Fußstapfen von Frauke Eikmeier treten will.