Eine Frau liegt mit dem Gesicht auf dem Boden,

Wütend, verzweifelt, in Trauer: Für Katja (Anastasia Lara Heller) ist mit dem Tod von Mann und Kind eine Welt zusammengebrochen. Foto: Sinje Hasheider

„Das waren die Nazis“: Das Junge Schauspielhaus bringt Fatih Akins Film auf die Bühne

Ein Mann und seine sechsjährige Tochter werden in seinem Büro von einer Nagelbombe getötet. Ihre Körper in Stücke gerissen, teilweise verbrannt. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf.

Der Mann hat früher mit Drogen gedealt, dafür im Knast gesessen. Zwar hat er dort BWL studiert und arbeitet nun als Steuerberater und Übersetzer, aber er wird doch noch Kontakt in die einschlägige Szene unterhalten haben? Der Anschlag muss eine Milieutat sein – Vergeltung unter Gangstern –, das Opfer also irgendwie mitschuldig. Ach ja, der Mann ist türkischer Herkunft. Das Misstrauen der Staatsmacht scheint ein wesentlicher Bestandteil der Ermittlungen zu sein. ​​

Stück basiert auf dem Film „Aus dem Nichts“

Was klingt wie eine übertriebene Darstellung einer halbblinden, inkompetenten, vorurteilsbelasteten Staatsmacht, beruht leider auf wahren Geschehnissen. Es ist im Rückblick haarsträubend, wie lange die Behörden nicht wahrhaben wollten, dass die Serienmorde an vor allem türkischen Ladenbesitzern von Neonazis begangen worden sein konnten, nämlich der Gruppe des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU).

Auf Grundlage dieser beschämenden Ereignisse hat der Hamburger Regisseur Fatih Akin seinen Film „Aus dem Nichts“ gedreht. Nun bringt ihn das Junge Schauspielhaus auf die Bühne am Wiesendamm.

Stück ab 14 Jahren

Im Mittelpunkt steht Katja, Ehefrau und Mutter der beiden Getöteten. Sie sagt von Anfang an: „Das waren Nazis“, aber kaum jemand glaubt ihr. Vom Schmerz gepeinigt, von der Familie in die emotionale Zange genommen, vom Rechtsapparat betrogen, spielt Anastasia Lara Heller die herausfordernde Rolle mit der angemessenen Portion Wut und Wahnsinn. Ihre drei Kolleg:innen verkörpern jeweils mehrere Figuren, schlüpfen sekundenschnell in andere Sprechweisen und Gesten. Die Inszenierung (Regie: Klaus Schumacher) ist hart, klirrend, laut. Die Projektionen von Meereswellen an den Bühnenwänden liefern den einzigen Kontrast, eine Sehnsucht nach einem Ausweg, unendlicher Ruhe, vielleicht dem Tod.

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„Aus dem Nichts“ veranschaulicht offen didaktisch die Fragen zu Recht, Gerechtigkeit, Vergeltung und Selbstjustiz. Nicht die schlechteste Grundlage, um mit Jugendlichen ab 14 Jahren darüber ins Gespräch zu kommen.

Junges Schauspielhaus: 23./25./26.2., 25./26./27./29.3., diverse Zeiten, 15 Euro, Tel. 248713 (am 24.1. gehen Karten für die Vorstellungen am 28. und 30. Mai sowie 7./10. und 11. Juni in den Verkauf), junges.schauspielhaus.de

Der Plan7 vom 24. Januar 2025 MOPO
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