Der Kapitän und die beiden Lotsen sitzen im Hamburger Amtsgericht auf der Anklagebank.

Beim ersten Prozess vor dem Hamburger Amtsgericht saßen sie noch zu dritt auf der Anklagebank (links, mittig und hinten rechts) mit ihren Anwälten. Ein Lotse wurde freigesprochen (Archivbild). Foto: Marcus Brandt/dpa

Unfall auf Elbe sorgt für Stromausfall – Kapitän und Lotse erneut vor Gericht

Vor fünf Jahren zerriss ein Schwimmkran die Stromleitungen vor der Retheklappbrücke, weil ein Kapitän und ein Lotse unachtsam waren. Ein Gericht verurteilte die beiden Männer zu Geldstrafen. Doch die gehen in Berufung.

Der 79-Jährige Kapitän, der offiziell im Ruhestand ist, und der 56-jährige Lotse stehen ab Donnerstag erneut vor Gericht. Laut Anklage müssen sie sich erneut wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs verantworten.

Am 7. Januar 2020 waren die beiden Männer mit einem weiteren Lotsen mit einem Schleppverband auf der Elbe unterwegs. Zwischen Schlepper und Schubboot war ein Schwimmkran befestigt. Der Schleppverband sollte den Bagger vom Reiherstieg, einem Seitenarm der Elbe, nach Blankenese bringen. An der Retheklappbrücke war die Fahrt jedoch plötzlich zu Ende. Der Grund: Die Männer hatten es offensichtlich versäumt, sich nach der Höhe des auf der Hubinsel befindlichen Raupenbaggers zu erkundigen – mit gravierenden Folgen.



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„Infolge dessen geriet der 63 Meter über den Wasserspiegel aufragende Kranausleger des auf der Hubinsel befindlichen Raupenbaggers gegen 12:10 Uhr kurz vor der Durchfahrt vom Reiherstieg zur Rethe in die östlich der Brücke gelegene 110 KV-Hochspannungsfreileitung und durchtrennte sechs von acht Leitungsseilen“, heißt es in der Anklageschrift.

Kapitän und Lotse nach Unfall auf der Elbe erneut vor Gericht

Plötzlich waren die Menschen in Wilhelmsburg ohne Strom – und das gleich für mehrere Stunden. Der Sachschaden belief sich auch 687.000 Euro. Vor Gericht schwiegen die Männer zunächst. Erst später erklärten die beiden Losten, sie hätten die Höhe des Kranauslegers vor der Abfahrt auf 40 Meter geschätzt. Die maximale Durchfahrtshöhe beträgt 53 Meter.

Zudem hätte man es eilig gehabt, da der Bagger noch bei Hochwasser zu der vorgesehen Baustelle nach Blankenese gebracht werden sollte. Dort wollte man möglichst nah an das Ufer heranfahren können. Zudem hätten sie den Baggerführer für den Schiffsführer gehalten. Bei einem kurzen Briefing an Bord habe dieser gesagt, dass der Ponton „reiseklar“ sei.

Die Rethebrücke in Wilhelmsburg: Hier riss ein Kranausleger vor drei Jahren mehrere Leitungen zwischen zwei Hochspannungsmasten ab. (Archivbild) hpa/Andreas Schmidt-Wiethoff
Die Rethe-Doppelklappbrücke
Die Rethebrücke in Wilhelmsburg: Hier riss ein Kranausleger vor drei Jahren mehrere Leitungen zwischen zwei Hochspannungsmasten ab. (Archivbild)

Richter Arno Lehmann beschrieb das Verhalten des Trios beim Schleppen des Bagger-Pontons als „grob fahrlässig“. Keiner habe gewusst, wer der verantwortliche Schiffsführer des Schleppverbandes gewesen sei, so der Jurist. Einer habe sich auf den anderen verlassen.

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Das Hamburger Amtsgericht verurteilte den hauptverantwortlichen Lotse zu einer Geldstrafe von 135 Tagessätzen zu je 200 Euro. Er muss insgesamt 27.000 Euro zahlen. Der Kapitän kam mit 2000 Euro (75 Tagessätze à 30 Euro) noch vergleichsweise günstig davon. Der zweite Lotse wurde vor Gericht freigesprochen.

Gegen das Urteil legten die beiden Männer Berufung ein. Diese wird gemäß Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssache jetzt ab Donnerstag vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht verhandelt.

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