Maite Kelly: „Man sagt mir nach, dass ich eine Tabubrecherin bin“
Die drei Töchter werden langsam erwachsen, die Karriere läuft weiter auf Hochtouren. Maite Kelly, zweitjüngstes Kind von Barbara und Daniel Kelly, hat sich mit ihrem Schlagerpop seit mehr als zehn Jahren an der Spitze festgesetzt. Jetzt veröffentlicht sie ihr um einige neue Songs erweitertes Album „Nur Liebe XXL“, mit dem sie auch auf Tour geht. Im Interview spricht die 45-Jährige über ihre Kindheit, Partnerschaften und über die Anlässe, bei denen eine Flasche Wodka sinnvoller ist als ein Gläschen Champagner.
MOPO: Ihr Album heißt „Nur Liebe“. Was hatten Sie damit im Sinn?
Maite Kelly: Ein Freund von mir, ausdrücklich kein Schlagerfan, sagte: „Maite, ich habe richtig Gänsehaut, wenn ich dein Album höre.“ Ein schönes Kompliment. Ich strebe immer nach zeitloser Musik und bin sehr glücklich darüber, dass meine Lieder vielfältiger sind als der klassische „Bum-Bum-Schlager“.
„Das tut sich doch keiner freiwillig an“, eine der Singles, ist ein bisschen vom Chanson inspiriert, wie kommt’s?
Das liegt vor allem an dem Akkordeon. Ich habe in Paris gelebt und habe sehr viele Inspirationen aus der französischen Musik mitgebracht. Meine erste große Schlagerliebe war Serge Gainsbourg. Ich werde „Je t’aime“, sein Duett mit Jane Birkin, nie vergessen. Jeder, der den Song hört, wird verstehen, warum ich für Roland Kaiser unserer verruchtes Duett „Warum hast du nicht nein gesagt“ geschrieben habe (lacht).
Ihre musikalischen Einflüsse wirken überhaupt sehr international.
Ich bin in einer reisenden Familie aufgewachsen. Wir lebten in Italien, Spanien, Frankreich, dem Baltikum. Meine Mutter hatte deutsche, finnische und jüdische Vorfahren, mein Vater war ein Amerikaner mit irischen Wurzeln. „Nur Liebe“ ist ein Crossover-Album zwischen Dance, Pop, Schlager, Folklore, Polka und einigem mehr. Ich komme aus einer Familie von Freigeistern, ja teilweise von Freiheitskämpfern. Die Bedeutung der Freiheit möchte ich mit diesem Album besonders betonen. Man kann nur wirklich frei sein, wenn man auch in der Liebe frei ist.
Im Stück „Ich sing meine Lieder“ sagen Sie: „Wenn ich singe, dann bin ich frei.“ Sehen Sie sich selbst denn auch als Freiheitskämpferin?
In der Familie galt ich als Enfant terrible (lacht). Und so ein bisschen sagt man mir immer noch nach, dass ich eine Tabubrecherin bin – speziell in der Schlagermusik. Das stimmt auch. Ich jongliere mit den Musikstilen, bin schon auch experimenteller. Aber ich bin nicht vom Wunsch nach Rebellion getrieben.
Sind Sie gern das schwarze Schaf gewesen?
Ich glaube, dass es Vorfahren gibt im Himmel, die auch Enfants terribles waren und stolz auf mich sind (lacht). Mein Vater etwa, der hat mich sehr geliebt und wusste mich so zu nehmen, wie ich bin.
War das Verhältnis zu Ihren Geschwistern manchmal kompliziert?
Sagen wir so: Es war nicht immer einfach für meine Geschwister, mich zu verstehen. Ich hatte immer, wie mein Vater sagte, ein Disco-Herz und logisch, die kleine Schwester ist immer etwas nerviger. Erst wenn man erwachsen ist, erkennt man, dass an der Kleinen vielleicht doch was dran ist. Meine Brüder Patrick und Joey sind heute meine größten Unterstützer.
Im Song „Ich sing meine Lieder“ blicken Sie auf Ihre Kindheit zurück. Waren Sie ein glückliches Mädchen?
Ich würde meine Kindheit nicht romantisieren. Meine Mutter ist sehr jung gestorben, und wir waren bettelarm. Wir waren eine klassische Aussteigerfamilie, mein Vater ein alleinerziehender Hippie. Das hatte auch seine schönen Seiten, weil wir ein sehr kreatives und ganz eigenes Leben lebten. Aber es gab kein Sicherheitsnetz. Ich weiß, wie es ist, ohne Heizung zu leben. Oder in einem Bus zu wohnen, an dessen Innenwand sich wegen der Kälte eine Eisschicht bildet. Wir hatten unseren Zwiebellook aus gutem Grund. Und wir haben uns warm gesungen.
Was hat diese Zeit Sie gelehrt?
Ich war ein Kind der Straße, und ich werde immer ein Kind der Straße bleiben. Ich sehne mich daher bis heute sehr nach diesem mitmenschlichen Kontakt.
Hätten Sie heute gerne ein dramatischeres Leben?
Nein, für solche Spielchen habe ich gar keine Zeit – auch nicht in der Partnerschaft. Mein Fokus liegt auf meinen drei Kindern und meiner Arbeit. Aber natürlich gibt es manchmal Anwärter, die mich erobern wollen, bei denen ich schnell weiß: „Finger weg – das tue ich mir nicht an.“
Woran merken Sie das?
Das ist einfach Lebenserfahrung.
Verzichten Sie selbst auch auf Spielchen?
Ich bin und war immer ein Partnerschaftsmensch. Ich war auch nie so oft und so lange Single, wie alle immer denken.
„Es war noch nie so schön, so falsch zu liegen“ lautet eine Zeile aus „Das tut sich doch keiner freiwillig an“ …
Den Satz habe ich zu einer Freundin gesagt. Sie so: „Maite, ich habe die schönste Nacht meines Lebens gehabt.“ Ich will schon den Champagner aus dem Kühlschrank holen, als sie sagt: „Am nächsten Morgen meinte er, er habe eine Frau und zwei Kinder.“ Da habe ich lieber die Wodkaflasche und zwei Gläser geholt.
Album: „Nur Liebe XXL“ (Electrola); Konzert: 13.2., 20 Uhr, Barclays-Arena, 75-95 Euro
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