Thalia Theater: Kübelweise Theaterblut — und ein Hollywood-Star
Seltsamer Titel, tolles Stück! Regisseur Christopher Rüping verknüpft in „Ajax und der Schwan der Scham“ am Thalia-Theater die Antike mit der Gegenwart und setzt auf einen verblüffenden Special Effect.
Der Zweitbeste zu sein, ist manchmal ganz schön hart. Das findet zumindest Ajax, der antike griechische Krieger, der sein Können stets in den Dienst des sagenumwobenen Achilles gestellt hat. Als dieser wegen eines Pfeils in seiner Achilles-Ferse auf dem Schlachtfeld stirbt, rettet Ajax die goldene Rüstung. Hurra!
Sagenhaft (und) durchgeschüttelt
Doch leider muss er sie nach einem Redewettstreit dem wortgewandten Odysseus überlassen. Buh! Daraufhin dreht Ajax durch, und als er später über seine peinlichen Ausraster vor Scham vergeht, stürzt er sich ins eigene Schwert. So weit die Sage.
Regisseur Christopher Rüping und sein Team schütteln den althergebrachten Stoff am Thalia mächtig auf – und dabei gelingt ihnen eine höchst amüsante, kluge und überraschende Theatershow.
Maja Beckmann spielt Ajax, und sie darf in einer sehr langen grandiosen Einstiegsszene die ganze Ungerechtigkeit herauskotzen, die ihr widerfahren ist. Odysseus (super: Nils Kahnwald) aber bringt sie damit zunächst nicht aus der Ruhe. In ihrer tobsüchtigen Rache überschüttet und bespritzt sie ihn dann jedoch mit Unmengen an Theaterblut. Als die Scham sie überkommt, verweigert sie sich trotzdem dem Suizid, wie er im alten Buche steht.
Hollywoodstar Natalie Portman wird Teil des Stücks
Damit beginnt der zweite Teil, denn Odysseus bittet ein Ajax-Double auf die Bühne, die stellvertretend ins Schwert fallen möge. Tut sie aber nicht! Denn diese Schauspielerin hat schon mal schlechte Erfahrungen mit einem Double-Einsatz gehabt, erzählt sie. Als sie nämlich für Hollywoodstar Natalie Portman fast sämtliche Tanzszenen im Film „Black Swan“ übernommen habe. Das Resultat: ein Oscar für Portman, kaum eine Erwähnung für sie selbst. Wie das technisch möglich war, zeigt sich nun in echt.
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Denn Pauline Rénevier wird das Gesicht Portmans digital aufgesetzt und auf die Leinwand gespielt. Verblüffend! So dreht „Ajax“ die Grundgeschichte mit der Zurücksetzung des oder der Ewigzweiten sehr originell weiter. Und die Scham von Ajax? Die wird schließlich noch getilgt, aber ebenfalls auf eine überraschende Art und Weise. Ajax selbst muss sich mit dem zweiten Platz abfinden, aber „Ajax“ spielt in der ersten Liga!
Thalia-Theater: 9./19./22.2., 2./23.3., diverse Uhrzeiten, 9-59 Euro, Tel. 32814444, thalia-theater.de
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