„Gibt in Deutschland wenige“: Wo HSV-Profi Selke selbst die Bundesliga-Stars toppt
Gedanken an seine HSV-Zukunft dürften Davie Selke am Wochenende nicht umgetrieben haben, dafür war das Programm zu voll. Am Freitagabend avancierte er in Münster zum Matchwinner, am Samstag ging es mit seiner Tochter Aiyana und seiner Frau Evelyn zu den Landungsbrücken für eine Hafenrundfahrt. Und am folgenden Morgen stand das an, was für ihn zu einem perfekten Sonntag gehört: ein Besuch in der Kirche. Seine Family macht ihn happy, der Glaube ist fester Teil seines Lebens – und für den HSV ist Selke längst das große Glück.
In den Katakomben des Preußenstadions häuften sich die Lobeshymnen für Selke, Ausmaß und Dimensionen der Schwärmerei schienen sich gar minütlich zu erhöhen. „Davie ist durch die Energie, die er uns gibt, ein sehr wichtiger Bestandteil der Mannschaft“, lobte Merlin Polzin den Mann mit der Maske, der bei seiner Startelf-Rückkehr doppelt traf. Sebastian Schonlau fügte hinzu: „Wenn du zwei Tore schießt als Stürmer, ist das überragend. Aber was Davie auszeichnet, sind nicht nur die Tore, sondern auch, dass er ackert, marschiert und sich in jeden Zweikampf wirft.“
HSV-Profis und Trainer Polzin schwärmen von Davie Selke
Und Jonas Meffert, der Selkes ersten Treffer mustergültig vorbereitet hatte (45.+3), legte sogar noch einen drauf: „Man muss sagen: Sein Kopfballspiel ist wirklich Top-Top-Niveau. Ich glaube, da gibt es in Deutschland wenige, die besser köpfen können als Davie.“ Acht seiner nun wettbewerbsübergreifend 14 Saisontreffer hat Selke mit dem Schädel erzielt, das macht 57,1 Prozent. Mal zum Vergleich: Harry Kane, Stürmerstar des FC Bayern München und selbst ein ausgewiesener Kopfballspezialist, knipste in dieser Spielzeit bislang fünfmal per Kopf, das macht bei seinen insgesamt 21 Saisontoren in Liga, DFB-Pokal und Champions League einen Anteil von „nur“ 23,8 Prozent.
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Gladbachs Tim Kleindienst, mit einer Größe von 1,94 Metern einer der besten Kopfballspieler der Republik, hat sechs seiner bisher 13 Bundesliga-Buden mit dem Kopf erzielt (46,2 Prozent), Leverkusens 1,91-Meter-Kante Patrik Schick bringt es bei wettbewerbsübergreifend 19 Saisontoren auf vier Kopfball-Vollstreckungen (21,1 Prozent). Nun hinken Vergleiche zwischen Profis verschiedener Ligen sicher ein Stück weit. Und man muss auch erwähnen, dass die tormäßig erfolgreichste Spielzeit in Selkes Karriere eine als Bundesliga-Stürmer war: 2017/2018 bei Hertha BSC.
Kopfball-Ungeheuer Selke steht beim HSV vor Tor-Rekord
Damals brachte es der heute 30-Jährige auf 14 Saisontreffer, zehn davon in der Bundesliga und vier in der Europa League. Aktuell, rund sieben Jahre später, steht Selke ebenfalls bei 14 Buden – als Zweitliga-Torjäger, das stimmt und ist ein Unterschied. Allerdings sind auch erst 21 Spieltage rum – und Selke hat nun noch mindestens 13 Partien lang Zeit, um sein 15. Saisontor zu erzielen – so viele wie in noch keiner Spielzeit seiner Laufbahn. Bei seinen Karriere-Stationen Werder Bremen (75 Pflichtspiele) und RB Leipzig (53) kam Selke übrigens jeweils nicht über exakt 14 Treffer hinaus. Nur für Hertha BSC (126 Spiele) hat er nun noch öfter getroffen (26-mal) als für den HSV.
Dass Selke diese Marke noch in dieser Saison knacken wird, ist nicht auszuschließen angesichts seiner aktuellen Topform (sechs Tore in seinen letzten fünf Einsätzen), aber eher unwahrscheinlich. Unabhängig vom HSV-Aufstieg könnte es aber in der kommenden Spielzeit so weit sein – wenn Selke denn über den Sommer hinaus bleibt, was weiterhin offen ist. Denn wie seine Vertragssituation der Zukunft aussieht, ist sehr wohl abhängig von der Frage, ob der HSV die Bundesliga-Rückkehr packt. Nur wenn der Aufstieg gelingt und Selke auf eine bestimmte Anzahl an Startelf-Einsätzen in der Rückrunde kommt, verlängert sich sein bisher gültiger Ein-Jahres-Vertrag automatisch.
HSV-Zukunft? Gespräche mit Kuntz und Selke stehen an
Dass er sich vorstellen kann, beim HSV zu verlängern, noch bevor der Saisonausgang feststeht, hatte er kürzlich mehrfach betont. Und auch die Verantwortlichen um Stefan Kuntz und Claus Costa sind grundsätzlich interessiert an einer weiteren Zusammenarbeit – weil sie wissen, dass Selke mittlerweile das große Glück des HSV geworden ist.
![Davie Selke glich für den HSV in Münster aus.](https://cdn.mopo.de/uploads/sites/4/2025/02/imago1058587695-scaled.jpg?fit=1024%2C1024&w=988)
Hatte es vor der Saison noch Zweifel am Ex-Kölner und an der Notwendigkeit gegeben, einen weiteren klassischen Neuner neben Robert Glatzel zu verpflichten, ist Selke inzwischen (neben Ransford Königsdörffer, neun Saisontore) die offensive Lebensversicherung des HSV. In Glatzels Abwesenheit seit Ende Oktober hat er konstant stark geliefert. Hinter Martijn Kaars vom 1. FC Magdeburg rangiert Selke seit Freitag auf Platz zwei der Torjägerliste.
Glatzel vor Comeback – Selke will Klarheit wegen Vertrag
In ein bis zwei Wochen soll Glatzel ins Teamtraining zurückkehren und im März dann auch sein Comeback feiern. Auch, weil Selke trifft und trifft, kann man beim HSV aber guten Gewissens und risikolos noch etwas länger warten bei Glatzel. Apropos warten: Selke wünscht sich vor dem heißen Saisonfinale Klarheit darüber, ob und wie es für ihn im Volkspark weitergeht, um sich komplett auf seine Leistungen konzentrieren zu können. Dass die (noch) offene Vertragsfrage seine Auftritte (noch) nicht beeinträchtigt, hat das Spiel in Münster gezeigt. Weil die Bosse um Kuntz wissen, dass Selkes Hoch andernorts Begehrlichkeiten weckt, ist man aber gewillt, die Gespräche mit dem Profi und seinem Berater zeitnah konkret fortzusetzen. Schon Anfang des Jahres hatte es einen ersten Austausch gegeben.
Nun ist die Transferperiode vorbei und Kuntz muss sich positionieren. Noch bleibt offen, ob und wann es zu einer Einigung kommt. Am Samstag und Sonntag stand für Selke ohnehin erst einmal Ablenkung an, Spaß mit der Familie und Zeit für sich, um sich zu erholen für die anstehenden Aufgaben. „Das war ein sehr wichtiger Sieg heute für uns“, sagte Selke, der seine Maske noch ein, zwei Partien lang tragen wird, am Freitag. „Wir haben gesehen, dass wir auf dem Fundament der letzten Wochen aufbauen können.” Selke ist längst zentraler Bestandteil dieses Fundaments.
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