Misshandlungen durch die Polizei? St. Pauli-Fans erheben schwere Vorwürfe
Reisen in den Osten der Republik sind für die Anhängerschaft des FC St. Pauli häufig weit entfernt von reinem Pläsier. Aus unterschiedlichen Gründen. Im Vorjahr gab es in Magdeburg massiven Zunder mit der Polizei, in Halle hatten sich zahlreiche Rechtsradikale unter den Ordnungsdienst und das Publikum gemischt. Und auch am vergangenen Sonntag in Leipzig ist offenbar einiges aus dem Ruder gelaufen.
Die „Braun-Weisse Hilfe“ formuliert auf ihrer Homepage reihenweise schwere Vorwürfe an die Exekutive vor Ort, die die mitgereisten St. Pauli-Fans von Ankunft bis Abreise grundlos malträtiert hätten. Eine Essenz aus dem Bericht:
„Die Hamburger Fans hatten noch nicht einmal den Bahnsteig verlassen, da tätigte die Polizei bereits die ersten körperlichen Angriffe: Es wurde geschubst, gedroht, wahllos um sich geschlagen und schlussendlich sogar mit gestrecktem Bein in die Ansammlung von Fans gesprungen. Damit aber nicht genug wurde Fans unangekündigt direkt und gezielt ins Gesicht geschlagen. Das Dokumentieren der Vorfälle versuchten Polizist:innen mit (Gewaltan)Drohungen und dem Herunterschlagen von Handys zu unterbinden.“
St. Pauli-Fans beklagen Gewalt durch Leipziger Polizei
„Brutal wurden Menschen teilweise aus der Masse gerissen, dabei hat die Polizei auch nicht vor Frauen und Kindern in der Masse zurückgeschreckt, im Gegenteil: Es wurde alles in Kauf genommen, um die Leute rauszureißen. Auch sehr auffällig für mich war die Art der Polizisten zu reden, dabei fielen Sätze wie: „Komm mal mit mir mit, dann gib‘ ich dir richtig“, oder „Warte ab, du wirst auch noch sehen“ und noch weitere ähnliche Formulierungen.“
„Während der Einlasskontrollen wurden mehrere Personen unvermittelt und brutal zu Boden gebracht und dort fixiert. Den Betroffenen wurde dabei u.a. die Schulter ausgekugelt und ihnen wurde gegen Kopf sowie Körper getreten, während sie bereits auf dem Boden lagen. Trotz ausbleibender Gegenwehr dauerte die Fixierung an, die Polizist:innen wandten dabei sogenannte Schmerzgriffe an.“
Selbst Kinder sind angeblich zu Schaden gekommen
„Der Tiefpunkt erwartete die St. Pauli-Fans jedoch bei der Rückkehr zum Hauptbahnhof … Während die Polizei erneut die Eingänge künstlich verengte und 800 Menschen durch einen einzigen Eingang in die Bahnhofshalle lenken wollte, griffen Trupps aus mehreren Beamt:innen die Gruppe körperlich an. Einzelne Personen wurden unter massiver Gewaltanwendung aus den dicht gedrängt stehenden Menschengruppen gezogen. Dabei kamen Unbeteiligte, darunter auch Kinder, zu Schaden … Die Personen, die durch das aggressive und gefährliche Verhalten der Beamt:innen herausgezogen wurden, wurden am Boden oder an einer Wand fixiert und währenddessen durch Schläge oder Tritte körperlich misshandelt. Hierbei wurde sich auch auf den Kopf- bzw. Genickbereich von bereits am Boden fixierten Fans gekniet.“
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ich der Werbevereinbarung zu.
Aus all diesen Schilderungen ergeben sich naturgemäß bergeweise Fragen, auch für die „Braun-Weisse Hilfe“: Warum beleidigte die Polizei Fans durchgehend, etwa mit „Scheiß St. Pauli“ oder als „antideutsches Gesocks“? Warum schlug und misshandelte sie immer wieder einzelne Fans, offensichtlich völlig grundlos? Warum war sie nicht bereit, das eigene Handeln unabhängig dokumentieren zu lassen und verhinderte aktiv Videoaufnahmen? Warum verzichtete sie praktisch gänzlich auf eine Kommunikation während des Einsatzes, abgesehen von diskriminierenden Beleidigungen und Drohungen?
FC St. Pauli gab noch keine Stellungnahme ab
Antworten darauf gibt es freilich noch keine. Beziehungsweise keine, die irgendeine Form von Erklärung lieferten. Auf Anfrage des „Hamburger Abendblatts“, das als erstes von den Vorfällen berichtet hatte, gab es die üblichen Erläuterungen, wonach der Polizei – wie eigentlich immer – kein Fehlverhalten anzulasten sei.
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Beim FC St. Pauli beschäftigt man sich natürlich mit der Thematik, hatte aber Stand Donnerstag noch nicht vor, eine offizielle Erklärung abzugeben. Das kann sich freilich ändern, sollten die internen Gespräche eine Sachlage ergeben, die das notwendig machen.
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