Boris Spassky vor einem Schachbrett an seinem 80. Geburtstag

Schach-Großmeister Boris Spassky bei den Feierlichkeiten zu seinem 80. Geburtstag in Moskau. Foto: picture alliance / Maxim Grigoryev/TASS/dpa | Maxim Grigoryev

Nach mysteriösem Familien-Konflikt: Schach-Legende Boris Spassky ist tot

Er war ein König im Spiel der Könige und ein Protagonist des legendärsten Schachduells der Geschichte. Im Alter von 88 Jahren ist der Russe Boris Spassky gestorben.

Die Kubakrise lag zehn Jahre zurück, die Abrüstung hatte begonnen, doch im Juli 1972 flammte der Kalte Krieg der Supermächte USA und Sowjetunion noch einmal auf. Und das an einem Schauplatz, mit dem wohl niemand gerechnet hatte: In Reykjavik. In einer schmucklosen Halle namens Laugardalshöll. Vor allem aber: an einem Schachbrett. Boris Spassky und Bobby Fischer trafen sich zum „Jahrhundertmatch“. Zwei Spieler, zwei Systeme. Nun sind beide tot.

Russland trauert um Boris Spassky: „Ein großer Verlust“

Fischer lebt bereits seit 2008 nicht mehr. Am Donnerstag meldete nun Russlands stolzer Schachverband: „Der zehnte Weltmeister Boris Spassky ist im Alter von 88 Jahren gestorben.“ Sein Tod sei ein „großer Verlust für das Land“. Verbandspräsident Andrey Filatov sagte laut der Nachrichtenagentur TASS: „Eine große Persönlichkeit ist von uns gegangen, Generationen von Schachspielern haben seine Spiele und sein Werk studiert und studieren es noch immer.“



Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:

  • Schicksalstage für Rot-Grün: Plötzlich müssen Sie zittern
  • Eine Mutter kämpft für Eltern-Taxis
  • Die schönsten Tierparks im Norden
  • Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
  • 20 Seiten Sport: HSV-Held Selke und die Zahlen seines Erfolgs
  • 20 Seiten Plan7: Star-Koch Christian Rach verrät seine Küchentipps, die besten Kultur-Events der Woche



Weltweit Bekanntheit erlangt hatte Spassky durch den WM-Kampf mit Fischer. Er war der geniale Weltmeister aus einer Dynastie von Weltmeistern. Seit 1948 kamen alle aus der Sowjetunion, doch dann betrat Fischer die Bühne, 29 Jahre alt, ein Sturkopf aus Chicago, der provozierte, wo er nur konnte. Mal trat er zu einer Partie einfach nicht an, dann fand ein Duell in einem Nebensaal statt, weil sich Fischer von den 2500 Zuschauern gestört fühlte.

Bobby Fischer gewann legendärstes Duell der Geschichte

Dennoch siegte der Herausforderer. Spassky, einst mit 18 Jahren Junioren-Weltmeister und zu seiner Zeit der jüngste Großmeister der Schachgeschichte, gab auf. Telefonisch informierte er den deutschen Schiedsrichter Lothar Schmid in einer Unterbrechung der 21. Partie. Anschließend klagte er: „Fischer ist mir immer wieder wie ein Fisch aus den Händen geglitten.“

Schach-Legende Boris Spassky ist im Alter von 88 Jahren verstorben. IMAGO/MAXPPP
Boris Spasski konzentriert sich beim Schach spielen
Schach-Legende Boris Spassky ist im Alter von 88 Jahren verstorben.

Nach dem Match fiel Spassky, geboren am 30. Januar 1937 im damaligen Leningrad, in seiner Heimat in Ungnade. Für Moskau war die Niederlage ein Schlag ins Gesicht, für ihn selbst eine Befreiung: „Sie können sich nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als Fischer mir den Titel abnahm. Ich war von einer sehr schweren Last befreit und konnte frei atmen“, erzählte Spassky fast 40 Jahre später.

Boris Spassky wanderte 1976 nach Frankreich aus

1976 wanderte er nach Frankreich aus und erhielt dort die Staatsbürgerschaft. Es wurde ruhiger um ihn, von 1980 bis 1990 spielte Spassky in Deutschland für die Solinger SG und wurde dreimal deutscher Mannschaftsmeister. Erst 1992 trat er wieder ins Rampenlicht – bei einem Showduell mit Fischer, bei dem es in Belgrad um Millionen und nicht um einen Titel ging. Wieder setzte sich Fischer durch.

Pünktlich zum Wochenende erhalten Sie von uns alle aktuellen News der Woche rund um den HSV kurz zusammengefasst – direkt per Mail in Ihr Postfach.

Mit meiner Anmeldung stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Das Duell inmitten des Kalten Krieges inspirierte die Nachwelt, es wurde verarbeitet in Büchern, Dokumentationen und Filmen. Bekannt geworden ist der Roman „Das Damengambit“ von Walter Tevis, das 2020 in der gefeierten Netflix-Serie adaptiert wurde.

Schwester: Boris Spassky wurde nach Russland entführt

Spasskys letzte Lebensjahre waren von gesundheitlichen Rückschlägen und einem mysteriösen Familienkonflikt geprägt, im Zuge dessen er nach Russland zurückkehrte. Seine Schwester sprach davon, dass die Mode-Journalistin Valentina Kuznetsova ihren Bruder nach Moskau entführt habe und als Agentin arbeite. Er sei kein freier Mensch mehr. Spassy selbst widersprach dieser Darstellung. 2006 und 2010 erlitt er zwei Schlaganfälle. Später trat er noch im hohen Alter geschwächt und mit eingefallenen Gesichtszügen im Fernsehen auf.

Das könnte Sie auch interessieren: „Nur Bank gespielt“: Ex-FIFA-Boss sagt als Zeuge im Sommermärchen-Prozess aus

Einige Jahre zuvor hatte er auf einem kleinen isländischen Friedhof in Reykjavik das Grab seines Rivalen und Freundes Bobby Fischer besucht. „Glauben Sie, dass der Nachbarplatz noch frei ist?“, fragte Spassky sichtlich bewegt die anwesenden Journalisten. (sid/mb)

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp