Vor den Oscars - Die 97. Academy Awards

Letzte Vorbereitungsmaßnahmen werden zur Verleihung der 97. Academy Awards getroffen. Foto: picture alliance/dpa/AP | John Locher

Wer räumt die Trophäe ab? Deutsche Talente im Oscar-Endspurt

Nach Empfängen und Partys geht es auf den roten Teppich und zur Gala ins Dolby Theatre. Regisseur Edward Berger erwartet eine unterhaltsame Show – aber wenig Politik.

Der rote Teppich vor dem Dolby Theatre in Hollywood liegt bereit – von einem Plastikdach geschützt. Ausgerechnet am Oscar-Sonntag soll es regnen, doch die Vorfreude auf die 97. Academy Awards trübt das nicht. Auch deutsche Talente und Teams stürzen sich auf Empfängen und Partys in den Oscar-Endspurt. 

„Da bleibt Politik weitestgehend auf der Strecke“

„Es ist Entertainment“, sagte Berger in Los Angeles. „Da bleibt Politik weitestgehend auf der Strecke. Es wird Witze geben, die werden lustig werden und natürlich auch Hiebe nach Washington, aber es wird im Rahmen des Entertainments bleiben“, führte er am Rande eines Empfangs von German Films aus, der Auslandsvertretung des deutschen Films. 

Hollywood steht wieder im Rampenlicht, wenn der wichtigste Filmpreis der Welt verliehen wird – mitten in einer angespannten Weltlage. Doch Oscar-Preisträger Edward Berger („Im Westen nichts Neues“) erwartet keine allzu politische Show. 

Regisseur und Oscar-Preisträger Edward Berger. picture alliance/dpa | Barbara Munker
Regisseur Edward Berger.
Regisseur und Oscar-Preisträger Edward Berger.

Kurz vor der Gala wurden bei dem Event in Hollywood die deutschen Nominierten und ihre Teams gefeiert. Der in Berlin lebende Filmemacher Berger hat mit seinem Vatikan-Thriller „Konklave“ acht Gewinnchancen, darunter in der Top-Kategorie „Bester Film“ und in Sparten wie adaptiertes Drehbuch, Hauptdarsteller (Ralph Fiennes), Kostümdesign (Lisy Christl) und Musik (Volker Bertelmann). Christl lebt in Berlin, Bertelmann in Düsseldorf.

Zweiter Oscar für Volker Bertelmann? 

Der Komponist, bekannt unter dem Künstlernamen Hauschka, war 2017 für den Soundtrack zum Film „Lion“ nominiert, vor zwei Jahren gewann er den Oscar für die Vertonung von Bergers Kriegsdrama „Im Westen nicht Neues“. „Die dritte Nominierung ist ganz toll. Natürlich packe ich mir manchmal an den Kopf, wie kann das möglich sein?“, sagt Bertelmann – und liefert gleich die Antwort – Berger sei ein „unfassbar guter Regisseur“.



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Das Drama „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ des in Hamburg lebenden iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof tritt für Deutschland in der Sparte International Feature Film an. Der Film wurde heimlich gedreht und handelt von den Massenprotesten im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022.  Während der Dreharbeiten wurde im Iran eine über achtjährige Haftstrafe gegen Rasoulof verhängt. Der Regisseur verließ sein Heimatland daraufhin unerlaubt, inzwischen lebt er in Hamburg. 

Das Team „unglaublichen Mut“ bewiesen, unter höchster Geheimhaltung und mit verschiedensten Sicherheitsmaßnahmen zu drehen, sagt der deutsche Produzent Mani Tilgner. Zwischen 2022 und 2023 war Rasoulof sieben Monate in dem berüchtigten Evin-Gefängnis und erfuhr dort von den Protesten. Im Zentrum des packenden Dramas steht ein streng gläubiger, regimetreuer Vater, der sich gegen seine Frau und ihre beiden Töchter im Teenager-Alter stellt. 

Sean Penn hilft deutscher Produktion 

Auch die deutsche Produktion „September 5“ über das Olympia-Attentat 1972 in München hat Chancen auf einen Oscar. Regisseur und Autor Tim Fehlbaum, Drehbuchautor Moritz Binder und Co-Autor Alex David sind für das beste Original-Drehbuch nominiert. Der Film erzählt fesselnd aus der Sicht des US-Fernsehsenders ABC Sports, der als erster eine Live-Kamera auf den Terrorakt hatte. Hinter dem Thriller stehen die Münchner Produzenten Philipp Trauer und Thomas Wöbke in Co-Produktion mit Constantin Film. 

Sie hätten Hollywood-Star Sean Penn als Mit-Produzenten für den Stoff gewinnen können, erzählt Trauer. Der sei ein „sehr, sehr großer Fan“ des Films. Dem Münchner Drehbuchautor Binder kommt die Reise zu den Oscars immer noch wie ein Traum vor. Auf dem roten Teppich würde er gerne einen großen Regisseur treffen. „Mit 16 habe ich Steven Spielberg einen Brief geschrieben und um eine Praktikumsstelle gebeten“, erzählt der 42-Jährige. Er würde ihn nun fragen, ob die noch frei wäre, fügt er augenzwinkernd hinzu. 

Der schwäbische Spezialeffekte-Künstler Gerd Nefzer könnte für seine Mitarbeit an „Dune: Part Two“ seinen dritten Oscar holen. Branchenkenner räumen dem Team bei den Oscars Top-Chancen ein. „Ja, das sieht sehr gut aus für uns, aber da kann noch viel passieren». Schließlich hätten sie «viele Affen als Konkurrenz“, sagt Nefzer lachend. „Planet der Affen: New Kingdom“ ist unter den fünf Nominierten. 

Wer sollte eine Dankesrede parat haben? 

Golden-Globe-Gewinnerin Demi Moore (62) wird dank ihrer Darbietung einer nach Jugend lechzenden Schauspielerin in dem Horror-Thriller „The Substance“ als Favoritin in der Sparte „Beste Schauspielerin“ gehandelt. Moore, die seit Jahrzehnten in Hollywood vor der Kamera steht, ist das erste Mal im Oscar-Rennen. 

Auch Kieran Culkin ist mit 42 Jahren ein Oscar-Neuling, doch die Trophäe als bester Nebendarsteller ist ihm praktisch sicher. In der laufenden Preissaison war er stets der Sieger, dank seiner bewegenden Bandbreite von Lachen bis Weinen in der Tragikomödie „A Real Pain“. 

Zahlenmäßig führt der Musical-Thriller „Emilia Pérez“ mit 13 Gewinnchancen das Feld an. Die auf Spanisch gedrehte französische Produktion stellt damit einen Oscar-Rekord mit den meisten Nominierungen für einen nicht-englischsprachigen Film auf. Das Drama „Der Brutalist“ und das Musical „Wicked“ folgen mit je 10 Nominierungen, der Vatikan-Thriller „Konklave“ und das Bob-Dylan-Biopic „Like A Complete Unknown“ mit jeweils acht Anwartschaften. 

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Oder räumt am Ende das Indiedrama „Anora“ von US-Regisseur Sean Baker die meisten Trophäen ab? Branchenkenner räumen der sechsfach nominierten Lovestory um eine selbstbewusste Sexarbeiterin (Mikey Madison), die sich in einen russischen Oligarchen-Sohn verliebt, gute Chancen in der Königskategorie „Bester Film“ und für Regie und Original-Drehbuch ein. Bei den 97. Academy Awards bleibt es also bis zum Ende spannend. (dpa/mp)

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