Kniffliges St. Pauli-Puzzle: Diese Blessin-Entscheidung muss jetzt sitzen
Die Saison biegt auf die Zielgerade ein. Zehn Partien sind noch zu spielen, 30 Punkte im Topf und der FC St. Pauli wird noch einige davon brauchen, um den Klassenerhalt klarzumachen. Vor dem Endspurt sind noch wichtige personelle Weichenstellungen gefragt, um sich für die heiße Phase, die vielzitierte Crunchtime, bestmöglich aufzustellen – im wahrsten Sinne des Wortes. Es sind einige knifflige Fälle zu klären und es geht auch um die Frage, wer wo am stärksten ist und mit wem am besten kann.
Einer der positiven Aspekte der ansonsten niederschmetternden 0:2-Niederlage gegen Dortmund war neben der in der ersten Halbzeit starken Leistung das Comeback von Manolis Saliakas, der in der Schlussphase in die Partie gekommen war, um nach langer Verletzungspause wieder Wettkampfpraxis zu bekommen. Rund zehn Minuten. Immerhin.
Saliakas ist zurück – Treu kann wieder nach links
Es deutet vieles daraufhin, dass der Grieche, der voll mit der Mannschaft trainiert, im Auswärtsspiel in Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) wieder in die Startelf zurückkehrt, sollte die Luft schon wieder für annähernd 90 Minuten reichen. Auf seine angestammte rechte Seite, auf der er bis zu seiner Oberschenkelverletzung Anfang Februar 18 Partien in Serie in seiner Rolle als Schienenspieler absolviert hatte.
Das Saliakas-Comeback bedeutet auch, dass Philipp Treu mutmaßlich wieder auf „seine“ linke Seite wechselt und Lars Ritzka aus der Startelf weichen muss. Der flexible Treu hatte in Abwesenheit von Saliakas vier Partien auf rechts begonnen.

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Eine Lieblings-Seite habe er nicht, versichert Treu. „Auf welcher Seite ich spiele, ist mir tatsächlich ganz egal. Wo ich aufgestellt werde, gebe ich meine Leistung“, erklärt er und präzisiert: „Gerne offensiver, um die Gegner zu binden, damit wir hinten einen besseren Spielaufbau mit mehr Platz haben. Mit Noah klappt’s trotzdem ganz gut auf der Seite.“
Kehrt Noah Weißhaupt mit Treu auf die linke Seite zurück?
Noah Weißhaupt ist gemeint. Mit dem Flügelflitzer hatte Treu zunächst in den ersten drei Spielen der Rückrunde ein Tandem auf der linken Seite gebildet, war dann aber nach dem Saliakas-Ausfall im folgenden Spiel in Leipzig auf die rechte Seite gewechselt. Ein Spiel später, gegen Freiburg, tauschte auch Weißhaupt die Seite, weil Elias Saad sein Comeback in der Startformation gab und Trainer Alexander Blessin der Ansicht war, dass Saad links stärker sei als rechts und seine Qualitäten dort besser einbringen könne, Weißhaupt aber auf beiden Flügeln in etwa gleich stark sei.
Und jetzt? Wechselt Weißhaupt mit Treu wieder zurück auf die linke Seite? Immerhin spielten beide dort in St. Paulis bislang stärkster Phase dieser Jahres mit den beiden aufeinanderfolgenden Siegen gegen Heidenheim und Berlin sowie dem Remis gegen Augsburg.
Mangelnde Eingespieltheit der Tandems als Nachteil
Winter-Leihgabe Weißhaupt und Saliakas haben dagegen noch gar nicht auf einer Seite zusammen agiert, sind nicht miteinander eingespielt, müssten erst zusammenfinden – und das möglichst schnell und reibungslos.
Treu wiederum hätte bei einer Rückkehr auf die linke Schiene den belgischen Winter-Zugang Siebe Van der Heyden hinter sich, der nach einem wenig überzeugenden Intermezzo auf der Treu-Position auf die linke Position der Dreierkette gerückt ist, wo er sich sichtlich wohlerfühlt und stärker spielt. Treu und Van der Heyden haben bislang nur in den letzten zehn Minuten der Partie gegen Dortmund auf der gleichen Seite zusammengespielt. Auch sie müssten sich noch finden.
Knackpunkt rechter Flügel: Guilavogui braucht noch Zeit
Und der rechte Flügel? Dort hatte Morgan Guilavogui bis zu seiner Verletzung Anfang Februar zwischen dem 13. und 20. Spieltag seine besten Leistungen im Trikot der Braun-Weißen gezeigt und sich mit vier Toren und einem Assist zum Topscorer aufgeschwungen, der zuletzt schmerzlich vermisst wurde.
Die meisten Einsatze auf Rechtsaußen im Saisonverlauf hat jedoch Oladapo Afolayan absolviert, zehn an der Zahl, dabei zwei Tore erzielt und eines vorbereitet. Saad, der von Oktober bis Anfang Februar verletzungsbedingt ausgefallen war, hat rechts vorne bislang nur einen halbstündigen Einsatz (beim 0:2 in Leipzig) bestritten.
Startelf-Option für Afolayan? Oder Chance für Banks?
Da Guilavogui noch lange nicht bereit für ein Comeback ist, schon gar nicht in der Startelf, muss Blessin jetzt entscheiden, wie er in den kommenden Spielen vor der Länderspielpause gegen Wolfsburg und Hoffenheim den rechten Flügel besetzt. Auf dem Papier naheliegend wäre Afolayan, der allerdings bei seinen jüngsten Einsätzen als Joker nicht überzeugen und Werbung in eigener Sache für einen Startelfplatz machen konnte. Oder aber Saad, der mit seinen individuellen Fähigkeiten immer für Gefahr sorgen kann, aber nach der langen Pause auch noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist.

Ein Überraschungs-Kandidat wäre Scott Banks, der in seiner Karriere als Linksfuß zumeist auf Rechtsaußen gespielt hat und in 51 Partien auf dieser Position beachtliche 15 Tore und elf Assists vorweisen kann. Gegen den Schotten spricht die mangelnde Spielpraxis, denn er hat in dieser Saison bislang elf Einsätze bestritten und der längste dauerte nur rund 20 Minuten. Aber vielleicht ist gerade jetzt, nach vier Niederlagen, die Zeit für unkonventionelle Lösungen, wenngleich Blessin kein Trainer ist, der Dinge nach sportlichen Misserfolgen nur der Veränderung willen verändert oder zu Aktionismus neigt.
Blessin muss die stärkste Elf für den Endspurt bauen
Und dann ist da ja auch noch Connor Metcalfe, der allerdings gerade aus einer monatelangen Verletzungspause kommt und vorerst nur eine Joker-Rolle spielen kann. Aber: der flexibel einsetzbare Mittelfeldmann hat für St. Pauli auch schon Rechtsaußen gespielt (21 Einsätze, zwei Tore, drei Vorlagen), wäre zugleich aber auch ein Kandidat für das zentrale Mittelfeld.
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Alle erwähnten Personalfragen sind nicht voneinander getrennt. Es ist vielmehr ein Puzzle. Es muss passen. Kurzfristig, aber auch perspektivisch, damit St. Pauli in der entscheidenden Phase die beste Elf auf dem Rasen hat – mit den elf Spielern, die am besten zusammenspielen.
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