Bekannter Hamburger Fotograf tot: So gut wie jeden Promi hatte er vor seiner Linse
Abi Schmidt war schon um die 60, als ich 2008 meinen Job als Promi-und Party-Reporterin bei der MOPO begann. Bis zu meinem Ausscheiden im Jahr 2015 war Abi unser treuer Begleiter auf VIP-Terminen. Verlässlich, lässig, sportlich und braungebrannt. Gerne im Poloshirt und darüber ein Jackett. In der Freizeit spielte er leidenschaftlich Tennis. Auch auf der Arbeit gab er vollen Einsatz. Tolle Fotos, immer perfekt ausgeleuchtet mit strahlenden Promis.
Am 5. März ist Abi Schmidt im Alter von 77 Jahren in seinem Haus in Lurup an den Folgen einer Parkinson-Erkrankung verstorben. Promi-Fotograf, Lebemensch; bis wenige Jahre vor seinem Tod einer, der viel jünger wirkte als die Zahl auf seinem Personalausweis.
Zu den Terminen fuhr er stets mit seinem Porsche-Cabrio

Abi machte mein Leben so viel leichter bei der MOPO, ich hatte damals keinen Führerschein in einem Job, wo man Zweidrittel der Zeit auf Termine düste. Also stand pünktlich vor Interviews und Abend-Galas, Abis Porsche Cabriolet vor dem MOPO-Eingang in der Griegstraße. Mein treuer Fotograf und persönlicher Chauffeur. Ob zum „Couple of the Year“-Award im Louis C. Jacob, zum Elbjazz-Festival im Freihafen oder zum Interview mit Tatjana Patitz im Hotel Vier Jahreszeiten: Auf Abi war Verlass. Keine Baustelle, kein Stau, keine Parkplatznot stellten ein Hindernis für ihn dar. Er fuhr gewissenhaft über dem Tempolimit und parkte irgendwo quer – gerne im Parkverbot.
Und sobald die Sonne herauskam, faltete sich das Cabriodach auf Knopfdruck über unseren Köpfen zusammen, er drehte den Hamburger Oldie-Radiosender auf, und die kleine Party im Porsche begann. Ich sang die alten Hits laut mit, Abi klopfte den Rhythmus mit seinen Fingern auf das Lenkrad. So sausten wir die Elbchaussee runter, durch den Hafen, Wind in den Haaren, Sonne im Gesicht. Mal schloss ich die Augen wegen der Sonne, mal auch, weil Abi zu schnell fuhr.

Ob Isabella Rosselini, Karl Lagerfeld, Verona Pooth – er hat sie alle fotografiert
Diese Fahrten mit Abi waren für mich kleine Fluchten aus dem MOPO-Alltag, wo sich an manchen Tagen mein Nacken versteifte, wenn die Schauspielerin, die ich interviewen sollte, erst wenige Minuten vor Abgabeschluss über den Roten Teppich laufen würde. Mit Abi im Auto – das war wie Urlaub.
Abi war witzig, entspannt, gut gelaunt, ließ sich vom Stresspegel der Kollegen, mit denen er sich am Roten Teppich rangeln und im Fotografen-Graben zusammenquetschte, nie anstecken. Er blieb immer die Ruhe selbst.

Ob Isabella Rossellini, Karl Lagerfeld, aber auch die Hamburger Promis, Tagesschau-Sprecherinnen, Moderatorinnen – alle fühlten sich wohl vor seiner Linse. Er lachte sie an, mit blitzenden Augen, er mochte sie alle, und alle mochten ihn. Er hatte keine Allüren und keine Berührungsängste. Er lobte sie: „Toll! Große Klasse!“ Wer arg verspannt vor der Linse stand, dem gab er Regieanweisungen: „Mach mal so!“ Die Posen, die er vorschlug, waren manchmal etwas aus der Zeit; bisschen 80er-Jahre-Stil, etwa die Flamingo-Pose mit dem Absatz kokett gen Po gehoben. Das machte aber nix. Abi hatte den verkniffenen Mund aus dem Gesicht der Schauspielerin gezaubert, und die weiteren Aufnahmen wurden toll!
Shooting mit barbusigen Mädchen mit Schleifchen um den Hals
Überhaupt die 80er. Das waren die goldenen Jahre für Abi, in denen er für die „Praline“ zwei wöchentliche Kolumnen entwickelt hatte, die jahrelang erfolgreich liefen. Die eine über das „Mädchen von Nebenan”, in der anderen ging es um Mode. Alles in Eigenregie. Lack-und Lederfummel borgte er sich bei seinem Freund Rolf in der Boutique „Easy Rider” auf St. Pauli. Die Mädchen sprach er selbst an (eine der ersten, die für ihn posierte, war Verona Pooth, damals noch Feldbusch), Shooting mit barbusigen Mädchen mit Schleifchen um den Hals in einer Halle in der Speicherstadt oder aber im schrillen Partyoutfit im Lessingtunnel in Altona, Taubendreck inklusive. Das machte ihm Spaß und entsprach seinem Spieltrieb.
Seine Leidenschaft, die Fotografie, machte der gelernte Fernmeldetechniker zum Beruf, als er einen Fotowettbewerb gewann. 1979 hatte Abi sein erstes Titelblatt in der „Szene Hamburg“, 1983 begann er als freier Fotograf für die MOPO, später auch für den Bauer-Verlag, Tennis-Golf-Ski-Magazine, Auto-Bild und für die Agentur Brauer. Ob beim berühmten Krebsessen auf Sylt, auf dem Hamburger Filmfest oder beim Presseball – Abi hatte immer den Platz in der ersten Reihe. „Er konnte auf keinem Termin fehlen“, sagt seine Frau Eva Schön zur MOPO, „er liebte die Fotografie.“ Mit Eva, 30 Jahre lang an seiner Seite, reiste er gerne nach Australien und Thailand. Von New York City, dieser Beton-Schönheit, fertigte er grandiose Fotos an, die ihm das New Yorker Metropolitan Museum of Art abkaufte.

„Abi“ nannten sie ihn wegen seiner Ähnlichkeit mit Abi Ofarim
In den 80ern und 90ern verdiente Abi sich eine goldene Nase, als die Verlage noch das Geld raushauten. Ab den 2000ern war das schon schwieriger. Und die MOPO zahlte auch nicht gerade üppig.
Bürgerlich hieß er Lothar. Den Spitznamen Abi, unter dem ihn alle kannten, hatte er als junger Mann erhalten – durch seine Haarmähne und eine gewisse Ähnlichkeit mit Abi Ofarim. Seinen offiziellen Namen nannte er nur ungern. Überhaupt war Abi alles andere als bürgerlich. Ich kannte niemanden, der ihn nicht Abi nannte. Ich nannte ihn Habibi (arabisch so viel wie „Freund“ oder „Schatz“), er nannte mich Janelein.

Die letzten Jahre hielt ihn die Parkinson-Erkrankung im eisernen Griff. „Den Scheiß wünsche ich niemandem“, schrieb mir Abi 2023. Seine geliebten Kameras verkaufte er schweren Herzens noch im selben Jahr, als der Tremor überhand nahm. Dennoch, Abi hatte ein grandioses Leben: „Er hat alles gemacht, was er wollte und wie er es wollte. Abi hat sein Leben geliebt und ausgelebt”, sagt Eva Schön zur MOPO.
Ruhe in Frieden lieber Abi, Du wirst fehlen. Du warst so eine feine, liebe Seele.
Die Beisetzung findet am 21. März um 10.30 Uhr auf dem Friedhof Bergedorf, August-Bebel-Straße 200, statt, Kapelle II
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