Ein Handwerker klebt die alten Fliesen zu

Handwerker klebten die historischen Fliesen des Bülowhauses in der City zu. Foto: Denkmalverein/hfr

Sorge um ein Stück Hamburg: Handwerker kleben historisches Treppenhaus zu!

Eine historische Jugendstil-Fassade, ein mit Art-Déco-Fliesen verziertes Treppenhaus, kunstvoll geschmiedete Geländer – das 1906 erbaute Bülowhaus in der Rathausstraße 4, in dem sich auch das Café Paris befindet, ist eine Perle in der Hamburger Innenstadt. Seit Dienstag ist dieser Schatz in Gefahr: Handwerker kleben die alten Fliesen zu. Und das Denkmalschutzamt tut nichts!

Die Arbeiten sind in vollem Gange. Seit Dienstag werden die blau-weißen Fliesen des Treppenhauses an der Rathausstraße 4 von Handwerkern mit Rigips-Platten zugeklebt. In die Wand eingelassen ist auch ein besonderes Mosaik aus den 50er Jahren.

Denkmalverein hofft, dass die Arbeiten noch gestoppt werden

Für die Angestellten der in dem Gebäude eingemieteten Unternehmen war der Beginn der Arbeiten eine böse Überraschung. Sie wandten sich umgehend an den Denkmalverein Hamburg, um die Vorgänge zu melden. Deren Geschäftsführerin Kristina Sassenscheidt ist empört: „Das Treppenhaus ist ein schönes Beispiel für qualitätsvolle Alltagsarchitektur aus der Zeit des Jugendstils, mit einem aufwendigen und ungewöhnlichen Wandmosaik unbekannten Datums. Es ist daher höchst bedauerlich, dass die Oberflächen verkleidet und dabei möglicherweise unwiderruflich zerstört werden.“ 

Hingucker: Ein Mosaik aus den 50er Jahren im Treppenhaus der Rathausstraße 4. Denkmalverein/hfr
Auch dieses besondere Mosaik im Treppenhaus der Rathausstraße 4 droht zu verschwinden.
Hingucker: Ein Mosaik aus den 50er Jahren im Treppenhaus der Rathausstraße 4.

Ob es für die Maßnahme eine bautechnische Notwendigkeit gibt, kann der Denkmalverein nicht beurteilen. Aber: „Wenn es nur darum geht, alte Fliesen durch eine vermeintlich „perfekte“ Oberfläche zu ersetzen, möchten wir hiermit dringend an den Eigentümer und seine Verantwortung für historische Spuren appellieren“, so Sassenscheidt. 

Das Denkmalschutzamt weist darauf hin, dass es sich bei dem Gebäude um kein Denkmal handelt, da es nach dem Zweiten Weltkrieg stark verändert wurde und ab dem zweiten Obergeschoss sogar komplett neu aufgebaut wurde. „Unter Denkmalschutz steht explizit die Ladenfläche der ehemaligen Wurstfabrik mit ihrer herausragenden Innenausstattung, in der sich heute das Café Paris befindet. Derlei Ausstattungen besitzen in Hamburg einen absoluten Seltenheitswert“, so eine Sprecherin. „Im Vergleich dazu besitzt die Ausstattung des Treppenhauses, so schön sie auch ist, keinen Seltenheitswert und erfüllt daher nicht die gesetzlichen Kriterien einer Unterschutzstellung.“

Da das Treppenhaus nicht unter Denkmalschutz steht, müsse die Baumaßnahme auch nicht vom Amt genehmigt werden. Generell stünde man mit dem Eigentümer der Immobilie hinsichtlich denkmalpflegerischer Belange in einem guten Austausch.

Das Café Paris wird aufgrund seines Interieurs von Hamburg Tourismus als „eines der hübschesten Cafés der Stadt“ beworben. Und wohl jeder Reiseführer schwärmt von der Atmosphäre der zum In-Spot umgebauten ehemaligen Fleischerei. Für Besucher und Büroangestellte ist es umso trauriger, dass die aus der gleichen Zeit stammenden Fliesen im Aufgang des alten Kontorhauses nicht geschützt sind.

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Der Denkmalverein hat am Mittwoch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Arbeiten zu stoppen – mit Erfolg. Offenbar hat der Eigentümer des Gebäudes – die Hamburger Energienetze – seine Architektin mit der Prüfung der Sache beauftragt. Daraufhin wurden die Handwerker von der Baustelle abgezogen.

„Nach dem Hinweis durch den Denkmalverein haben wir die Arbeiten sofort einstellen lassen“, erklärte ein Sprecher der Hamburger Energienetze. Die Sanierung des Treppenhauses habe ursprünglich dem Brandschutz gedient und nur dem Fußboden gegolten. Im Zuge der Arbeiten, habe man auch die Wände in die Maßnahme integriert. Das sei nun gestoppt. Im nächsten Schritt wolle man sich mit dem Verein zusammensetzen. „Unser Ziel ist es, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Dazu gehört auch die Option, die Rigips-Platten wieder abzunehmen“, so der Sprecher.

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