„Ausrufezeichen an die Liga“: Das Millerntor übt St. Paulis Klassenerhalt, aber…
Man kann es so nüchtern sehen wie Danel Sinani. „Rein mathematisch”, sagte St. Paulis Mittelfeldmotor nach dem 1:1 (0:1) gegen den amtierenden Meister aus Leverkusen, „sind wir noch nicht durch.” Emotionaler nahm das zunächst Trainer Alexander Blessin wahr, der nach dem Abpfiff eine Runde durchs Stadion drehte und gestand: „Es fühlt sich an wie ein Sieg.” Die Kiezklub-Fans am ausverkauften Millerntor feierten ihn und ihre Mannschaft nicht nur für das absolut verdiente Remis gegen den Titelträger, sondern gefühlt auch für den Klassenerhalt. Acht Punkte und 18 Tore beträgt vier Partien vor Schluss der Vorsprung auf den Relegationsplatz, zudem hat Braun-Weiß nun auch noch die TSG Hoffenheim hinter sich gelassen und steht auf Rang 14.
„Ich glaube, der Punkt war sehr verdient”, befand Hauke Wahl. St. Pauli war „mit sehr viel Energie” (Coach Alexander Blessin) in die Partie gestartet, „Leverkusen ist mit unserem Pressing nicht klargekommen”, wusste Sinani. Die Hamburger setzten auch offensiv Zeichen, Carlo Boukhalfa zwang Gäste-Keeper Lukas Hradecky zu einer ersten Parade (16.). Dann aber kam Bayer langsam in Wallung, St. Pauli verlor den Zugriff.
„Ich denke, dass wir in 20 Minuten in diesem Spiel nicht ganz so aktiv waren, nicht ganz so die Zweikämpfe gewonnen haben. In der Phase ist auch das Tor gefallen”, sagte Wahl zum Kopfballtreffer von Patrik Schick (32.). Mit dem knappen Rückstand ging es in die Pause.
St. Pauli nach der Pause immer stärker
Und aus der kamen die Hausherren mit einer Brust, die mit jeder weiteren Minute immer breiter wurde. „Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir einfach weitermachen wollen”, erklärte Nikola Vasilj. „Ein 1:0 ist ein offenes Ergebnis, ein Tor kann alles verändern. Wir wussten, dass wir hier zu Hause mit dem Support von unseren Fans eine gute Chance haben, ein Tor zu erzielen. Deswegen haben wir einfach immer daran geglaubt, dass wir noch ein Tor erzielen können.”
Das erste fiel nach 75 Minuten, und es hatte sich ob des stetig wachsenden Drucks des Aufsteigers angebahnt. Doch der Treffer von Morgan Guilavogui fand keine Anerkennung, weil der Franzose bei der Annahme den Ball an den Arm bekommen hatte. Kann einen wieder massiv zurückwerfen, muss aber nicht. Und so klingelte es nur drei Minuten danach wieder im Leverkusener Kasten. Sinanis flach und scharf vors Tor geschossenen Freistoß ließ Hradecky nach vorne klatschen, Carlo Boukhalfa – für den verletzten Kapitän Jackson Irvine in der Startelf – staubte ab, Ausgleich (78.).
„Unfassbar gut“: Wahl begeistert von St. Paulis Spiel
„Über die zweite Hälfte brauchen wir nicht zu reden”, sagte Wahl. „Die war unfassbar gut von uns.” Tatsächlich standen beim Schlusspfiff 10:6 Torschüsse zugunsten der Gastgeber zu Buche und der höhere xGoals-Wert (1,15). Bayer kam trotz des Mitwirkens sämtlicher Offensivgranaten von Florian Wirtz über Jeremie Frimpong, Patrik Schick, Amine Adli bis hin zu Victor Boniface auf einen Wert von 0,74, was abermals St. Paulis starke Arbeit gegen den Ball dokumentierte.
Entsprechend durften die Protagonisten auch mal ein bisschen stolz auf sich sein. „Wir haben ein Ausrufezeichen an die Liga geschickt. Wir haben dem amtierenden Deutschen Meister einen Punkt abgeluchst, und das zu Hause in der Crunchtime der Saison”, brachte es Hauke Wahl auf den Punkt und ergänzte: „Das haben sich die Fans einfach verdient. Und jeden Punkt, den wir schon haben, müssen die anderen erst einmal holen.” Die Profis und ihr Übungsleiter aber traten – trotz aller Zuversicht – dann doch noch einmal auf die Klassenerhalt-Bremse.
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„Wir wollen einfach nicht abhängig sein von einer anderen Mannschaft”, erklärte Danel Sinani. „Wir wollen einfach alles selbst in der Hand haben, und wenn es so weitergeht wie jetzt, dann ist das sehr gut.” Eine Kerbe, in die auch Alexander Blessin hieb. „Fürs Reden hast du noch nie irgendwelche Punkte bekommen”, mahnte er. Er glaube, dass die 30 gehorteten Zähler in der Summe noch nicht reichen, aber dass man auch noch welche holen werde. „Aber noch sind wir nicht durch. Wir haben noch einige Schritte zu gehen.”
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