Nebeneinkünfte: Der Reibach mit dem Mandat
Die meisten öffentlichen Ämter sind gut bezahlt. Aber wer es geschickt anstellt, kann nebenher noch richtig viel Geld einstreichen. Das gilt vor allem für Abgeordnete – aber nicht nur.
Masken-Deals hin, Zahlungen aus Aserbaidschan her: Die Regeln für Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten sind zwar strenger geworden. Gleichzeitig hat sich aber die Summe der nebenbei erwirtschafteten Einkünfte im Laufe der Zeit immer weiter erhöht. Vor allem Mitglieder von CDU/CSU und FDP tun sich dabei hervor, wie eine Studie zeigt.
Mehr als ein Drittel verdienen nebenher
In der im September zu Ende gehenden Wahlperiode hat mehr als ein Drittel der Abgeordneten neben den monatlichen Diäten (rund 10.013 Euro brutto) zusätzliche Einkünfte gehabt. So verdienten beispielsweise Karl Lauterbach (SPD) an Buchhonoraren, Linke-Ikone Gregor Gysi mit Vorträgen und FDP-Chef Christian Lindner vor allem mit Reden zusätzliches Geld. Zahlreiche Abgeordnete sitzen in allerlei Aufsichtsräten oder Vorständen. Einige arbeiten auch einfach als Steuerberater oder Rechtsanwalt weiter.
Laut der Otto-Brenner-Stiftung verdienten 261 der 709 Abgeordneten des Bundestags – also eine „privilegierte Minderheit“, wie die Stiftung es formuliert – seit 2017 insgesamt mindestens 53 Millionen Euro dazu. Zum Vergleich: Von 2009 bis 2013 lag der Betrag noch bei geschätzten 30 Millionen Euro.
Die meisten „Aufstocker“ kommen aus Union und FDP
Diese 261 Parlamentarier verteilen sich allerdings höchst unterschiedlich auf die Fraktionen. Die meisten „Aufstocker“, wie sie in der Studie genannt werden, nämlich fast 41,8 Prozent, kommen aus der Unionsfraktion. Sie erwirtschaften gleichzeitig den Löwenanteil – nämlich 59 Prozent der Nebeneinkünfte.
Mit 20,3 Prozent stammt der zweitgrößte Anteil der Hinzuverdiener aus der FDP-Fraktion. Gemessen an ihrer Größe nehmen die Liberalen allerdings den Spitzenplatz ein: 62 Prozent ihrer Abgeordneten gehen einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent).
Auch an Bundesgerichten ist das Phänomen bekannt
Aber nicht nur einige Abgeordnete vergolden sich ihr Amt mit Nebeneinnahmen. Das Phänomen ist auch von den Bundesgerichten bekannt. So verdienten beispielsweise Mitglieder des Bundesfinanzhofs in München im vergangenen Jahr im Durchschnitt 26.788 Euro dazu – mit Vorträgen in exklusiven Seminaren oder Lehraufträgen an Unis. Wie die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet, bringen es die „Spitzen-Aufstocker“ auf sechsstellige Beträge.
Im Bundestag bleibt das Problem aus Sicht der Otto-Brenner-Stiftung vor allem die wirksame Kontrolle der Angaben. Zwar müssen Abgeordnete nun genaue Angaben zum Einkommen machen und nicht mehr Stufen nennen. Ob das Geld aber mit Korruptionsabsichten geflossen ist oder nicht, lässt sich in der Praxis oft schwer klären.
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Die Studie schlägt deshalb vor, für die Kontrolle eine eigene Kommission aus Abgeordneten und externen Experten zu schaffen. Andere fordern kurzerhand die Verrechnung aller Nebeneinkünfte mit den Diäten.