Rückkehr von Zuckerwatte und Autoscooter: das Dom-Comeback
Mit zackigen Handgriffen legt Helfer Chris Holzblöcke unter die vorsortierten Metallstreben. Sein Chef Sascha Belli bereitet in der Zeit den Kran vor, und Chris steckt auch dort in Windeseile die Standfüße an. Jeder Handgriff sitzt. Die beiden bauen gemeinsam mit zwei weiteren Helfern die Kinderachterbahn „Kuddel, der Hai“ für den Hamburger Dom auf. Wenn alles klappt, steht das bei Familien beliebte Fahrgeschäft am Wochenende, und Belli kann es zum ersten Mal nach rund eineinhalb Jahren Corona-Zwangspause wieder in Betrieb nehmen.
Der Dom auf dem Heiligengeistfeld sei das erste größere Volksfest in Deutschland, das nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie am traditionellen Standort und mit der Stadt als Veranstalter wieder starte, sagt Patrick Arens vom Bundesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller. Andere Veranstaltungen vergleichbarer Größe stünden bundesweit derzeit nicht an. Hier und da hätten sich die Schausteller mit kleinen Pop-Up-Freizeitparks über Wasser gehalten. Die Planungen für größere Herbstvolksfeste liefen noch.
Hamburger Dom: Stimmung noch gedämpft
Für die rund 200 Schausteller in Hamburg ist der Neustart am 30. Juli eine große Erleichterung. Dennoch herrscht bei aller Euphorie auch Skepsis. Das hat auch damit zu tun, dass Helfer fehlen. „Einige Schausteller haben doch enorme Personalprobleme“, sagt Belli, der auch Fachgruppenleiter für die Schausteller im Landesverband des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg ist. Nach eineinhalb Jahren ohne Arbeit hätten sich viele Helfer, die vorher lange für die Kollegen gearbeitet hatten, eben doch neue Jobs im eigenen oder in anderen Ländern gesucht. „Und die sind nicht so leicht zu ersetzen.“
Der zweite Grund für die leicht gedämpfte Aufbruchsstimmung sind die steigenden Corona-Zahlen und der bange Blick auf die Entwicklung der Infektionszahlen im Ausland. Belli fürchtet, dass viele Urlauber das Virus aus dem Ausland mitbringen und deshalb hierzulande wieder Einschränkungen und Absagen folgen könnten. „Es wäre so unfair, wenn durch die Rückkehrer die Daheimgebliebenen bestraft werden. Ich möchte nicht mehr leiden, weil andere urlauben.“ Schon für den Frühjahrsdom 2020 hatte er seine Achterbahn bereits aufgebaut und musste sie dann nach der coronabedingten Absage aller Veranstaltungen ungenutzt wieder abbauen. „Das habe ich nicht noch mal vor.“
Dom: Maskenpflicht trotz der drei Gs
Die Corona-Regeln auf dem Sommerdom sind einfach: Bis zu 9500 Getestete, Genesene und vollständig Geimpfte können über den Platz schlendern, wenn sie vorab einen Zeit-Slot gebucht haben. Zudem gilt auf dem Gelände Maskenpflicht. „Das stört mich ein bisschen. Da würde ich mir noch eine Lockerung wünschen“, sagt Belli dazu. Dass die Masken zum Schutz in Räumen und bei wenig Platz getragen werden, sei logisch. „Wir wollen das ja hier auch so sicher wie möglich machen. Aber im Freien würde ich beim Maskentragen eher auf Freiwilligkeit setzen.“
Trotz dieser Gedanken überwiege bei den Schaustellern aber die Freude über den Neubeginn. „Wir selbst brauchen das jetzt auch einfach. Und wir hoffen, dass wir auch bald wieder auf eigenen Beinen stehen können. Wünschen würde ich mir das für 2022. Aber ich glaube, das wird schwierig.“ Seit Dezember 2019 gab es auf dem Heiligengeistfeld kein großes Volksfest mehr. Insgesamt musste der Hamburger Dom vier Mal coronabedingt abgesagt werden. Das merken die Schausteller auch im Portemonnaie, denn Alternativen zum Geldverdienen gab es kaum. Sie waren auf die Hilfen vom Staat angewiesen.
Dom in Hamburg: Schausteller planen keine Preiserhöhungen
Preiserhöhungen soll es dennoch nicht geben. „Das geht nicht. Nur weil Corona ist, darf man nicht die Leute zur Kasse bitten“, sagt Belli dazu. „Ich könnte das Geld sicherlich vertragen, aber ich werde in den sauren Apfel beißen. Ich bin einfach froh, dass wir wieder starten können.“ Auch viele seiner Kollegen auf dem Heiligengeistfeld planten keine höheren Preise.
Wie jedes Jahr wird der TÜV alle Geräte vor dem Beginn des Volksfestes abnehmen. Bei rund 60 Prozent der Fahrgeschäfte stehe sogar die alle zwei Jahre fällige große Untersuchung an, sagte Belli. Auch seine Kinderachterbahn werde genau inspiziert. Bis dahin aber haben Chris und das Team noch viel zu tun. Und ein paar Handgriffe gehen zum Start doch noch leicht daneben oder müssen wiederholt oder besprochen werden. „Wir sind eben doch ein bisschen eingerostet. Aber das wird schon“, sagt Belli, lacht und packt wieder mit an. (dpa)