Jair Bolsonaro
  • Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ist auf dem Tiefpunkt seiner Popularität angekommen.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Nelson Antoine

„Tropen-Trump“ Bolsonaro droht das Aus

Gesundheitlich ist Jair Bolsonaro wieder auf dem Dampfer. Brasiliens Präsident hat einen Darmverschluss überstanden. Doch politisch stehen dunkle Wolken am Himmel. Sogar ein Amtsenthebungsverfahren könnte dem „Tropen-Trump“ nun drohen.

Viele Brasilianer haben genug von Bolsonaro. Am Wochenende gingen Zehntausende im ganzen Land gegen den 66-Jährigen auf die Straße. Gründe haben sie viele: Brasilien ist das Land mit den zweitmeisten Corona-Toten weltweit (fast 540.000). Bolsonaro hat daran einen erheblichen Anteil. Er machte sich übers Maskentragen lustig, diskreditierte die Empfehlungen der Mediziner und verzögerte sogar die Einfuhr von Impfstoffen.

Jair Bolsonaro: Totaler Absturz in den Umfragen

Bei vielen Brasilianern brachten aber wohl neue Enthüllungen eines Untersuchungsausschusses das Fass zum Überlaufen. So soll Bolsonaro trotz Hinweisen aus seinem Gesundheitsministerium nichts gegen überteuerte Beschaffung von indischem Impfstoff unternommen haben – obwohl das Vakzin in Brasilien bis heute nicht zugelassen ist.

Zudem gibt es neue Enthüllungen über die Erschleichung öffentlicher Gelder durch Bolsonaro und dessen Söhne. All das schadet seinem Ruf erheblich. Viele Brasilianer wählten ihn auch in der Hoffnung, er würde etwas gegen die grassierende Korruption und Kriminalität tun.

Brasiliens Ex-Präsident Lula führt momentan in den Umfragen. Er tritt 2022 erneut an. picture alliance/dpa/AP | Leo Correa
Lula
Brasiliens Ex-Präsident Lula (r.) führt momentan in den Umfragen. Er tritt 2022 erneut an.

In Umfragen stellten 51 Prozent der Befragten Bolsonaros Arbeit mittlerweile das Zeugnis „schlecht“ oder „sehr schlecht“ aus. In den politischen Umfragen liegt Bolsonaro mit 23 Prozent momentan abgeschlagen hinter dem Spitzenkandidaten der Sozialisten, dem früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (49 Prozent). Zum ersten Mal gibt es in Umfragen sogar eine absolute Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro: 54 Prozent waren in einer Befragung des unabhängigen Instituts Datafolha dafür.

Brasilien: Hürden für eine Amtsenthebung Bolsonaros

Die Opposition hat sich inzwischen zusammengeschlossen und einen „Superantrag“ zur Amtsenthebung formuliert, der mehr als 120 Einzelanträge zusammenfasst. Doch der Präsident hat an vielen Stellen seine Verbündeten sitzen. Sie würden wohl erst handeln, wenn sie beispielsweise das Verfassungsgericht dazu zwingt.  

Bolsonaro stützt sich politisch auf das Militär, Evangelikale und die Agrarlobby. Vor allem Letzterer lässt er im Amazonasgebiet praktisch freie Hand. So stieg die Abholzungsrate im Regenwald nach Behördenangaben im Mai um 67 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Bolsonaro weiht im Amazonasgebiet reihenweise Straßen-, Brücken- und sonstige Infrastrukturprojekte ein. Die Botschaft dahinter ist klar: Im und mit dem Regenwald lässt sich Geld machen!

Proteste in Brasilien: Bolsonaro setzt auf Geld und Medienpräsenz

Bolsonaro erhofft sich durch seine interessengeleitete Politik Unterstützung für seine geplante Wiederwahl im Jahr 2022. Vor allem die Großgrundbesitzer und Holzunternehmer sollen ihm als Gegenleistung Geld, Medienpräsenz und Fürsprache verschaffen.

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Doch darauf alleine will sich Bolsonaro offenbar nicht verlassen. Kürzlich kündigte er im Zusammenhang mit einer Wahlrechtsreform an, das Wahlergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen – oder die Wahl gleich ganz abzusagen. „Entweder wir wählen sauber, oder wir wählen gar nicht“, sagte der Ex-Militär.

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