Kann Laschets Schlafwagen-Strategie funktionieren?
Den Kandidaten nach vorne und bei den Inhalten möglichst vage bleiben: Diese Strategie haben viele Parteien im Wahlkampf schon immer genutzt. CDU-Kanzlerkandidat Armin Lachet scheint das auf die Spitze treiben zu wollen. Selbst CSU-Chef Markus Söder warnt inzwischen davor, eine „Reise im Schlafwagen Richtung Kanzleramt“ könnte schiefgehen.
Unangenehmen Festlegungen geht Armin Laschet im Wahlkampf lieber aus dem Weg: So darf der bekannteste Rechtsausleger der CDU, Hans-Georg Maaßen, weithin unbehelligt mit dem braunen Rand flirten. Ein Machtwort oder die Androhung von Konsequenzen durch Laschet? Fehlanzeige.
Beim Thema Steuern steht ein großes „Vielleicht“
Auch beim Thema Steuern wissen die Wähler nicht so recht, woran sie sind. Die CSU fordert Entlastungen für die Mittelschicht, Laschet sagt, das sei nur vielleicht finanzierbar – hat aber Steuerentlastungen für Unternehmen und Spitzenverdiener im Programm stehen. Am deutlichsten wird Laschets Strategie aber bei den beiden Mega-Themen des Wahlkampfs: Erderwärmung und Corona.
Zahlreiche Experten und Politiker wie Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), Horst Seehofer (CSU), Karl Lauterbach (SPD), Robert Habeck (Grüne) oder Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprechen sich angesichts der sich rasch ausbreitenden Delta-Variante aus medizinischen Erwägungen dafür aus, indirekt Druck auf Ungeimpfte auszuüben. Laschet hingegen will erkennbar niemanden etwas zumuten: „Ich halte nichts davon, auf Menschen indirekt Druck zu machen, dass sie sich impfen lassen sollen“, sagte er im ZDF-Sommerinterview.
Die Frage, was man unternehmen solle, wenn die Impfquoten im Herbst weiter so niedrig sind, ließ Laschet unbeantwortet. Dies werde man dann sehen, antwortete er – also vermutlich nach der Bundestagswahl im September. Als hätte das Coronavirus auf Feier- oder Wahltage bisher Rücksicht genommen.
Wie Laschets Klimapolitik aussähe? Völlig unklar
Noch auffälliger wird es bei der Klimapolitik. Nach den Sturzfluten vor allem in seinem Bundesland Nordrhein Westfalen, wo er Ministerpräsident ist, sagte Laschet, man müsse „alles gegen den Klimawandel tun“. Wenig später erklärte er im WDR: „Nur weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik.“ Kurios: Wie die Klimapolitik eines CDU-Kanzlers Laschet aussähe, ist ziemlich unklar. Im Wahlprogramm der Union werden zwar Klimaziele formuliert – von denen aber sogar die neu gegründete „Klima Union“ in der CDU sagt, sie seien unzureichend. Im Programm werden praktisch keine konkreten Maßnahmen genannt.
Und auch im ZDF-Sommerinterview ist Laschet nicht in der Lage – oder Willens – konkret zu werden. Nur zu Söders Vorstoß, den Kohleausstieg bereits vor 2038 zu vollenden, weiß Laschet etwas Greifbares zu sagen: „Politik muss verlässlich sein. Wir sollten uns an den Zeitplan halten.“
Hat Laschet von Kanzlerin Merkel gelernt?
Die schlechte Botschaft zu überbringen, dass sich das Leben der ganzen Gesellschaft wird ändern müssen, kommt bei Laschet also de facto nicht vor. Ist das am Ende clever? Vielleicht hat Laschet von Angela Merkel (CDU) gelernt, die 2007 mit einen Programm voller neoliberaler Zumutungen antrat – und am Wahlabend überraschend schlecht abschnitt.
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Laschet persönlich scheint seine Strategie allerdings nicht so gut zu bekommen. Laut einer Insa-Umfrage würden bei einer Direktwahl zum Kanzler nur 15 Prozent sein Kreuzchen bei ihm machen. Allerdings: Die Werte der Union beeinflusst das bisher kaum. Sie liegt stabil bei um die 28 bis 30 Prozent. Das würde wohl für einen CDU-Kanzler reichen.