Queere Aufklärung: LGBTQ-Seminar für Hamburgs Schüler:innen
Am 5. August geht die Schule in Hamburg wieder los – und damit auch die reguläre Arbeit von „Soorum“. Das Projekt des Magnus-Hirschfeld-Centrums in der Gertigstraße klärt seit den 90ern Jugendliche ab der neunten Klasse über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auf und wird von der Behörde für Schule und Berufsbildung gefördert. Die Arbeit übernehmen aktuell 40 Ehrenamtliche, die seit 2012 von einer Teamleitung unterstützt werden. Über die Arbeit von „Soorum“ und warum Aufklärung zum Thema queer sein wichtig ist, hat Projektleiterin Anne Feldmann mit der MOPO geredet.
MOPO: In den Seminaren können die Schülerinnen und Schüler Ihnen Fragen stellen. Was wird am häufigsten gefragt?
Anne Feldmann: Ganz viel zum Coming-out: Wie haben die Eltern reagiert? Wie hast du es überhaupt gemerkt? Hast du dich in der Schule geoutet? Dann geht es auch um verschiedenste Diskriminierungserfahrungen. Schön ist, wenn Fragen kommen wie: Ich denke, in meinem Freundeskreis ist jemand queer, wie kann ich die Person unterstützen? Der Eigenantrieb ist immer mehr zu spüren, das war früher seltener. Sonst gibt es auch viele Fragen zu Beziehungen und verliebt sein, was ja sehr spannend ist in dem Alter.
Warum haben Sie Schulseminare als Form der Aufklärung ausgesucht?
Wir wollen da einen Rahmen schaffen, in dem die Schüler:innen uns bewusst Fragen stellen können. Auf eine Klasse kommen sechs bis acht Betreuer:innen, so dass dann auch in Kleingruppen gearbeitet werden kann. Das wirkt auf Jugendliche viel mehr als ein Vortrag, es gibt persönliche Begegnungen, geschützte Räume und es wird nicht vor der ganzen Klasse geredet. Außerdem ist die Pubertät eine Phase, in der die Jugendlichen noch ganz viel über ihre eigene Identität herausfinden.
„Die Schüler:innen rechnen mit einem Vortrag und bekommen eine persönliche Begegnung“
Wie nehmen die Jugendlichen das auf, wie ist die Rückmeldung?
Es gibt Jugendliche, die das Thema schwierig finden, sich nicht wohlfühlen und das auch sagen. Der Großteil weiß das Seminar jedoch sehr zu schätzen, weil wir keine Meinung vorgeben, sondern ins Gespräch kommen möchten. Auch wie offen wir über unser eigenes Leben sprechen, kommt für Jugendliche oft unerwartet. Sie rechnen mit einem Vortrag und bekommen stattdessen eine persönliche Begegnung.
Warum braucht es queere Aufklärungsarbeit?
Ein wichtiger Grund ist die aktuelle Tendenz nach rechts und ins Konservative, das geht immer einher mit Queer-Feindlichkeit. Außerdem existieren nach wie vor viele Stereotype und Vorurteile gegenüber queeren Menschen in der Gesellschaft und dementsprechend natürlich auch in der Schule. Manchmal kommen Schüler:innen zu uns und wissen nicht, dass das Wort „schwul“ noch in einem anderen Kontext außer als Schimpfwort existiert.
Viele Jugendliche empfinden Druck, den Geschlechterrollen zu entsprechen
Warum ist die Aufklärung auch für nicht-queere Jugendliche wichtig?
Geschlechterrollen werden in dem Alter noch als recht festgefahren wahrgenommen, viele Jugendliche empfinden einen hohen Druck, diesen entsprechen zu müssen. Wir brechen das auf: Es gibt keine richtige Art, ein Mann oder eine Frau zu sein und wenn du weder noch bist, ist das auch voll in Ordnung. Außerdem wollen wir sagen, dass Diskriminierung insgesamt ätzend ist. Viele in den Klassen kennen leider selbst Diskriminierung, das verbindet. Da sagen wir dann: „Lasst uns solidarisch sein.“
Was ist das Wichtigste, was man queeren Jugendlichen mit auf den Weg geben kann?
Du bist richtig so, wie du bist! Du wirst geliebt, du hast Unterstützung. Wenn du die in deinem Umfeld nicht findest, dann schau, dass du dich an Leute wendest. Da sind genug, die dir helfen wollen, und es ist ganz wunderbar, dass es dich gibt!
Wie bekomme ich meine Klasse dazu, teilzunehmen?
Der Kontakt läuft über Lehrkräfte, die uns anschreiben können, dann versuchen wir einen Termin zu finden. Als Schüler:in kannst du deinen Lehrer:innen natürlich einen Besuch bei uns vorschlagen. Alle Schulen in Hamburg und Umgebung können kostenlos mitmachen. Mittlerweile sind wir sehr gefragt und müssen zum Teil Wartelisten führen.