Demo Paris
  • Nach Macrons Ankündigung protestierten Zehntausende gegen die Impf- und Testpflicht in Paris.
  • Foto: imago images/IP3press

Natürlich brauchen wir die „Impfpflicht durch die Hintertür“

Vor ein paar Tagen war ich noch in Südfrankreich. Die Sonne schien, die Delta-Welle rollte mit Wucht aus Spanien an. „Nein, wir sind noch nicht geimpft“, sagen zwei Freunde. „Wir wollten noch abwarten.“

Die übliche Begründung also. Doch jetzt haben die zwei einen Termin, wie Millionen andere junge Franzosen. Aus einem einzigen Grund: In Frankreich wird es für Ungeimpfte ungemütlich. Ob in Restaurants, Bars, Kinos oder sogar Cafés und Einkaufszentren: Überall braucht es bald einen Impf-Nachweis – oder einen aktuellen Test. Und den, das ist der entscheidende Punkt, müssen die Franzosen bald selbst zahlen. Es ist eine „Impfpflicht durch die Hintertür“ – entsprechend groß waren die Proteste.

Corona-Impfungen: Frankreich zündet den Turbo, Deutschland sackt ab

Das Ergebnis: Während Deutschlands Impftempo rapide sinkt, zünden die Franzosen den Turbo. Präsident Macrons Impf-Ansage, per TV ans Wahlvolk, war mutig.

Und unsere Spitzenpolitiker? Gewohnt ängstlich. Eine Impfpflicht für bestimmte Berufe – ebenfalls von Macron durchgesetzt – wird ausgeschlossen, zu hohes Konfliktpotenzial. Coronatests selbst zahlen? Müsse man mal drüber nachdenken, sagt die Justizministerin. Und man fragt sich: Ja, wann denn? Wenn es zu spät ist?

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Ich finde das erschütternd. Wir brauchen jetzt Entscheidungen – doch Angela Merkel (CDU) tut so, als wäre sie nicht mehr zuständig, und die, die unser Land künftig regieren wollen, sitzen die Sache vorerst aus. Ist ja Wahlkampf, da will man niemanden verprellen.

Impf-Pflicht wie in Frankreich: Deutsche Spitzenpolitiker zu ängstlich

Angebote will man machen, überzeugen. Ja, gerne. Aber das wird nicht reichen, das sieht doch jeder. Olaf Scholz (SPD) immerhin hat sich am Dienstag zu der Ansage durchringen können, dass es bald keine Gratis-Tests mehr geben wird. Ein konkretes Datum aber hat auch er sich nicht getraut zu nennen.

Dabei braucht es genau das jetzt: Einen klare Ansage für alle, die „noch abwarten wollen“, welche Konsequenzen das finanziell und für die persönliche Freiheit haben wird, sollte die Corona-Lage wieder kritisch werden.

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