Testpflicht für Reiserückkehrer? GroKo gibt chaotisches Bild ab
Das Ziel ist klar: eine mögliche vierte Corona-Welle im Herbst so klein wie möglich zu halten. Dafür will die Bundesregierung mit Hilfe einer Testpflicht verhindern, dass Reiserückkehrer das Virus verstärkt einschleppen. Doch die Vorgehensweise wirkt chaotisch.
Spanien liegt an der Spitze: Das Robert Koch-Institut konnte zuletzt 389 Infektionen auf Reiserückkehrer aus dem Land zurückführen, in der Woche davor waren es 249, davor 136, davor 45. Die Tendenz ist also eindeutig. Ähnliche Trends gibt es für die Türkei, Kroatien und Griechenland. Die Zahlen wirken nicht gigantisch, sind aber angesichts von aktuell „nur“ etwa 2700 Neuinfektionen pro Tag auch nicht zu vernachlässigen.
„11. September wäre ein Witz gewesen“
Deshalb hat die Bundesregierung die Ausweitung der Testpflicht für Einreisen nach Deutschland angekündigt. Diese soll künftig auch für Auto-, Zug- oder Schiffsreisen gelten, bei Flugreisen gilt sie bereits. CSU-Chef Markus Söder hatte am Dienstag in den „Tagesthemen“ angekündigt, die neue Testpflicht solle bereits ab 1. August in Kraft treten. Das habe die Bundesregierung zugesichert. „Das ursprüngliche angedachte Datum für eine Einreiseverordnung ab 11. September wäre ein Witz gewesen“, sagte Söder. „Da ist der Urlaub vorbei, selbst in den Ländern mit späten Ferien.“
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Laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sollen nachweislich vollständig Geimpfte – inzwischen 50 Prozent der Bevölkerung – und Genesene keinen Test benötigen. Kontrolliert werden soll zu Land nur stichpunktartig in Grenznähe.
Entscheidung erst am 10. August?
Doch am Mittwoch dann die Überraschung: Die Bundesregierung lässt den Zeitpunkt der Einführung offen. Vize-Regierungssprecherin Claudia Demmer erklärte, die Regelungen für Reiserückkehrer stünden auch auf der Themenliste der Corona-Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten. Diese ist für den 10. August geplant. Was schon vorher geklärt werden könne, werde „selbstverständlich“ geklärt. Es gelte: „Je schneller, desto besser.“
SPD und Union schoben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Eine Sprecherin von Jens Spahn (CDU) sagte, wenn es nach dem Gesundheitsministerium ginge, würde die Testpflicht längst gelten. Johannes Fechner (SPD) hingegen erklärte, er habe Spahn schon vor Wochen aufgefordert, eine entsprechenden Rechtsgrundlagen zu klären. Fechner schlägt nun eine Sondersitzung des Bundestags vor.
Warnung vor den Fehlern des letzten Sommers
Die Opposition tobt wegen des Chaos in der Großen Koalition. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte, die Verunsicherung von Urlaubern müsse aufhören. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock warnte, man dürfe nicht die Fehler des vergangenen Sommers wiederholen. Damals dachte man erst über ein „Testregime“ für Reiserückkehrer nach, als der Sommerurlaub in ganz Deutschland praktisch vorbei war. Im Herbst begann die nächste Welle.