Genial: Dieser schwimmende Mülleimer frisst Plastik
Plastikmüll in den Meeren ist schon lange ein großes Problem. Damit nicht noch mehr Plastik in der Nordsee landet, hat „NPorts“ sich schwimmende Meeresmülleimer angeschafft. Ein Gerät kann pro Monat 120 bis 140 Liter Plastikmüll erfassen.
Für Schleusenbootsmann Björn Fuhlendorf ist es nach eigenen Angaben nur ein minimaler Arbeitsaufwand, für den Emder Hafen aber hat er großen Nutzen: Mit wenigen Handgriffen zieht Fuhlendorf einen Fangkorb mit allerlei Unrat aus dem trüben Wasser vor der Borssumer Schleuse am Rande des Emder Hafens. Er schüttet den Inhalt auf das Pflaster der Anlage: Plastikfetzen, Flaschenverschlüsse, Styroporklumpen und auch Algen sowie Treibsel landen auf den Steinen.
Der Korb, den Fuhlendorf mit Schwung leert, gehört zu einem schwimmenden Meeresmülleimer, den der Hafenbetreiber „Niedersachsen Ports (NPorts)“ seit kurzem im Hafenbecken installiert hat. „Wir haben ja Umschlag im Hafen, da fällt natürlich mal was ins Wasser“, berichtet Fuhlendorf. Helme oder Schuhe, aber auch kleinere Teile von Transportsicherungen, Netzen und Verpackungen. Während Fuhlendorf die groben Stücke meist noch mit der Hand rausfischt, ist dies bei kleinsten Teilen eine nicht leistbare Sisyphusarbeit.
Meeresmülleimer kann sogar Öl aufnehmen
Der Meeresmülleimer, auf Englisch auch „Seabin“ genannt, sei da eine „tolle Unterstützung“, sagt der „NPorts“-Mitarbeiter. Dass der Bedarf da ist, zeigt dass Fuhlendorf und seine Kollegen den vollen Eimer bis zu zwei Mal täglich leeren. Ein großer Aufwand sei das aber nicht. „Das Ausleeren mache ich eher nebenbei“, erklärt Fuhlendorf.
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Die Funktionsweise des schwimmenden Müllschluckers ist ziemlich simpel: Eine Tauchpumpe unterhalb des Korbes saugt permanent Wasser an. Treibgut, das in der Nähe auf der Wasseroberfläche schwimmt, wird angesaugt und fällt in das Auffangnetz. Das Wasser fließt zurück ins Hafenbecken.
Der Meeresmülleimer habe ein sehr feinmaschiges Netz, das Mikroplastikpartikel mit einer Größe von bis zu zwei Millimetern abscheiden könne, berichtet Fuhlendorf. Durch eingebaute Ölpads könnten zudem sogar kleinere Mengen Öl aufgenommen werden.
Häfen sind oft voller Plastik
Die Idee zur Anschaffung war Fuhlendorf, der sich selbst für Umweltschutz einsetzt, vor zwei Jahren gekommen. „Bei meinen Hafenrundgängen fällt mir immer wieder auf, wie plastikvermüllt der Hafen ist. Mir ist es einfach wichtig, etwas dagegen zu tun.“
Über das Internet stieß er auf die von den Australiern Andrew Turton und Pete Ceglinski entwickelten Seabins. Weltweit gibt es laut den Initiatoren bislang 860 Meeresmülleimer. Fuhlendorf teilte die Idee im unternehmenseigenen Intranet und stieß bei seinen Vorgesetzten auf Interesse. Im Frühjahr 2020 installierte „NPorts“ die ersten Geräte, die etwa 5000 Euro pro Stück kosten, in Emden und Wilhelmshaven.
120 bis 140 Liter Plastikmüll fischt der Mülleimer monatlich
Der Meeresmülleimer an der Borssumer Schleuse kann rund 20 Liter Unrat fassen. Das klinge zwar zunächst so, als sei das nicht viel, gibt Fuhlendorf zu. Der Inhalt werde durch den Sog der Pumpe aber noch komprimiert. „Das ist ein kleiner Eimer, aber die Ansaugwirkung ist groß.“
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Im Monat würden so mit einem Gerät zwischen 120 bis 140 Liter Plastikmüll aus dem Hafen gefischt. Die organischen Teile wie Algen oder Treibsel, die auch im Eimer landen, sortiert Fuhlendorf mit der Hand aus. Die Stromkosten für die Pumpe schätzt er auf etwa drei Euro pro Tag. „Da kann man mit der Hand nicht gegen anfischen.“
Tiere durch Plastikmüll bedroht
Wissenschaftler sind schon lange besorgt wegen der Plastikflut. Zahlen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2017 verdeutlichen das Problem: Auch an den Stränden der südlichen Nordsee wurden im Mittel 389 Müllteile pro 100 Meter Strandabschnitt gefunden, wie aus Erhebungen zwischen 2009 bis 2014 hervorging. Die große Masse (88 Prozent) davon entfällt auf Plastik. Zu einem Drittel stammte es aus der Fischerei, zu einem weiteren Drittel von Tourismus- und Freizeitaktivitäten. Für den restlichen Müll blieb die Quelle unklar.
Größere Plastikteile, wie etwa von Verpackungen, zersetzten sich mit der Zeit in immer kleinere Mikroplastikteile, erklärte Bernhard Bauske von der Umweltschutzorganisation „WWF“ kürzlich anlässlich einer „NPorts“-Veranstaltung. Diese schwer abbaubaren Partikel würden von Meereslebewesen aufgenommen und landeten im Verdauungstrakt der Tiere. 700 marine Tierarten weltweit seien durch Plastikmüll in den Meeren bedroht.
„Das grundlegende Problem – global betrachtet – ist, dass Müll, gerade auch der Verpackungsmüll, nicht eingesammelt wird“, erklärte Bauske. 75 Prozent des Plastiks in den Meeren stamme von nicht eingesammelten Abfällen.
Müll landet durch Landschaften und Flüssen in den Meeren
Der Müll lande in der Landschaft oder in Flüssen und finde von dort den Weg ins Meer. Vor allem in Südostasien sei das Abfallmanagement mit dem gestiegenen Konsum nicht mitentwickelt worden, sagte der Experte. Aber auch in Europa gelange zu viel Plastik in die Meere.
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Doch können die vergleichsweise kleinen Meeresmülleimer da überhaupt helfen, den Plastik-Eintrag, etwa in die Nordsee, zu verringern? „Die Hauptmaßnahme, die wir ergreifen können, ist zu verhindern, dass Müll in die Umwelt gelangt“, zeigte sich Lars Gutow, Wissenschaftler vom „Alfred-Wegener-Institut (AWI)“ bei der „NPorts“-Veranstaltung überzeugt. Keine Option sei es, später zu versuchen, den Müll am Grund wieder einzusammeln. Dazu bräuchte es Schleppnetze, die aber die Meeresumwelt stark beeinträchtigen.
„NPorts“ möchte Zahl der schwimmenden Mülleimer verdoppeln
Das Einsammeln mithilfe der Seabins könne letztendlich nur ein Mosaikstein in einer übergreifenden Strategie bleiben, aber auch dazu beitragen, dass der Müll nicht auf den Meeresboden sinke, sagte Gutow.
„NPorts“ ist von der Leistung der schwimmenden Müllschlucker überzeugt. Der Hafenbetreiber hat neben Emden und Wilhelmshaven nun auch in Cuxhaven Seabins im Einsatz, insgesamt sind es etwas mehr als eine Handvoll Eimer. Langfristig will „NPorts“ die Zahl der schwimmenden Mülleimer verdoppeln und prüft weitere Einsatzorte, etwa an den Versorgungshäfen zu den Inseln und im Binnenland. Auch einige Städte zeigten bereits Interesse. So schaffen sich Emden und Leer schon Meeresmülleimer an. Auch bei „Bremenports“ wird ein Seabin eingesetzt. Eine Anfrage erreichte „NPorts“ zuletzt von Helgoland. (dpa/jw)