Mariam Azizi (23)
  • Mariam Azizi (23) sorgt sich um ihre Familie in Afghanistan.
  • Foto: hfr

Deutsch-Afghanin verzweifelt: „Verwandte haben sich mit Waffen verbarrikadiert“

Derzeit schockieren Bilder und Videos aus Afghanistan die ganze Welt. Die Taliban erobern das Land. Millionen Menschen flüchten – sogar der afghanische Präsident Aschraf Ghani. Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen. Angehörige in Deutschland müssen dabei zusehen, wie ihre Liebsten um ihr Leben bangen. Helfen können sie nicht, denn Kabul ist rund 7000 Kilometer weit weg. Dies ist der Hilferuf einer in Deutschland lebenden Frau, deren Familie in Afghanistan ist. Der Name wurde zum Schutz der Angehörigen von der Redaktion geändert.

„Ich bin so verzweifelt. Meine Familie lebt in Kabul und wird einfach im Stich gelassen“ sagt Mariam Azizi (23), Psychologiestudentin, im Gespräch mit der MOPO. Verwandte der 23-Jährigen befinden sich derzeit am Flughafen in Kabul, der afghanischen Hauptstadt, und versuchen das Land zu verlassen. Bisher vergeblich. „Es gibt nicht viel Hoffnung, dass sie von dort wegfliegen können“, sagt Azizi.

Der Sicherheitsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Markus Kaim, geht davon aus, dass der Flughafen in Kabul nach dem Einmarsch der Taliban höchstens noch eine Woche lang für Evakuierungen offen sein wird. „Ich gehe von einem Zeitfenster zum Transport von vielleicht drei Tagen, höchstens einer Woche, aus. Dann schließt sich dieses Zeitfenster, und wer dann das Land nicht verlassen hat, wird dort bleiben müssen“, sagte Kaim im Interview mit dem TV-Sender „Phoenix“.

„Meine Familie ist zur Zielscheibe geworden“

„Ich habe Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins, die sich in ihrem Haus verbarrikadiert haben. Einige davon sind noch Kinder“, so Azizi. „Sie haben sich bewaffnet und warten darauf, was die Taliban als nächstes machen“, sagt sie. Frauen und Kinder seien alle zusammen, Männer halten Wache.

Ihre Familie habe acht Jahre lang Sportgeräte an die amerikanische Botschaft in Kabul vermietet und verkauft. „Da in Afghanistan ziemlich bekannt ist, wer Geschäfte mit den Amerikanern macht, ist meine Familie zur Zielscheibe geworden“, sagt Azizi.

Azazi hält mehrmals täglich über „WhatsApp“ Kontakt zu ihrer Familie. „Vor allem meine Onkel zeigen nicht, dass sie Angst haben. Sie wissen, dass sie für die Kinder stark sein müssen. Aber ich merke, dass sie Angst haben. So habe ich sie noch nie erlebt“, sagt die 23-Jährige. „Meine Familie bangt jede Stunde“.

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Azizi fordert von der deutschen Regierung, Verantwortung zu übernehmen. „Meine Onkel haben auch mit deutschen Firmen zusammengearbeitet, die haben die Gastfreundschaft der Afghanen erlebt. Ich möchte, dass Deutschland sich darum kümmert, die Menschen vor Ort zu beschützen“, sagt Azizi.

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