„Friss oder stirb“: Heidelbeer-Krise in Deutschland
Heidelbeeren sind wegen ihres hohen Vitamin-Gehalts nicht nur gesund, sondern auch lecker. Die Anbauer sind jedoch besorgt: Sie können mit den Preisen der importierten Früchte nicht mithalten.
Die heimischen Heidelbeeranbauer verzweifeln unter dem Kostendruck und der Konkurrenz aus Osteuropa. „Friss oder stirb – das hat sich dieses Jahr gezeigt: Diese Heidelbeersaison ist für die Beerenanbauer zu 100 Prozent verloren gegangen“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer, Fred Eickhorst, dem Landvolk-Pressedienst. Er ist verärgert über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der die regionalen Heidelbeeren nur für den osteuropäischen Preis abnehme.
Heidelbeeren: Hoher Wettbewerb heimischer Betriebe
Auch die niedersächsische Landwirtschaftskammer beobachtet die Wettbewerbsnachteile heimischer Anbaubetriebe. Die regionalen Erzeuger hätten insbesondere durch die coronabedingten Sonderauflagen enorm steigende Lohnkosten. Überall dort, wo es arbeitsintensive Prozesse gibt – auch bei der Ernte von Erdbeeren, Himbeeren oder Spargel – seien die heimischen Betriebe von diesem massiven Wettbewerbsnachteil betroffen. „Wir appellieren auch aus Qualitäts- und Frischegründen zum Kauf von Heidelbeeren aus heimischem Anbau“, hieß es aus der Kammer.
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Deutsche Ware werde meist nur in Kleinstgrößen angeboten. „Gleich daneben standen die großen Packungen natürlich günstiger, aber mit der Ware aus Osteuropa. Für den Verbraucher, der nicht genau hinschaut, ist das nicht zu erkennen“, erklärte Eickhorst. Es fehle eine klare Kennzeichnung von Lebensmitteln. „Vor zwei Jahren hatten wir das Label „Geerntet in Deutschland“ eingeführt mit schwarz-rot-goldener Fahne drauf. Gut erkennbar für den Kunden. Doch der Handel verhindert die Kennzeichnung“, sagte er.
Qualitativ und nachhaltig: Saisonale Ernte
Vor zehn Jahren wurden den Angaben nach zur Saison noch 80 Prozent der Beeren in Deutschland produziert. „Jetzt gibt es Heidelbeeren das ganze Jahr über im Regal, aber nur noch 16 Prozent der Gesamtmenge kommen aus Deutschland – Tendenz weiter stark fallend“, berichtete Eickhorst. Dass passe nicht mehr zusammen und sei auch bei anderen Beeren wie Erdbeeren und Himbeeren zu erkennen. Eickhorst sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, die unterschiedlichen Wettbewerbs-, Gesellschaft- und Umweltanforderungen in der EU mit Regelungen auszugleichen. Das fange bei den Produktionsstandards an, gehe über den Transport und den damit verbundenen Kohlendioxidausstoß bis hin zur Kennzeichnungspflicht der Inhaltsstoffe in verarbeiteten Produkten.
Niedersachen: Größtes Anbaugebiet für Heidelbeeren
Niedersachsen ist den Angaben zufolge das größte Anbaugebiet für Heidelbeeren in Deutschland. Auf rund 2000 Hektar wachsen die Früchte – das entspricht rund 70 Prozent des gesamten Anbaus in der Bundesrepublik. Die Haupternte dauert in Niedersachsen von Mitte Juli bis Anfang August – wegen unterschiedlicher Reifezeitpunkte geht die Saison aber bis Mitte September. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes hatten im vergangenen Jahr 160 Betriebe in Niedersachsen insgesamt 6743 Tonnen Kulturheidelbeeren geerntet. (lm/dpa)