Lastenräder in der Diskussion – können sie in Zukunft das Auto ersetzen? (Symbolbild)
  • Lastenräder in der Diskussion – können sie in Zukunft das Auto ersetzen? (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Gregor Fischer

Hitzige Debatte in Hamburg: Ersetzt ein Lastenrad wirklich ein Auto?

Sind sie die SUVs der Radwege – oder ein entscheidender Beitrag zur Mobilitätswende? Mit der Forderung der Grünen, zukünftig eine Milliarde in die Förderung von Lastenrädern zu investieren, ist eine hitzige Debatte in den sozialen Medien entfacht. Die zentralen Fragen: Ist das nicht übertrieben? Wer braucht das überhaupt? In Großstädten wie Hamburg könnten die klobigen Gefährte aber tatsächlich eine große Rolle spielen.

Die Anschaffung eines Lastenrads für Privatpersonen ist vor allem eins: teuer. Soll dann noch ein E-Antrieb dazukommen, geht es leicht in die Tausender-Bereiche. Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sprach sich der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler nun für eine Förderung von einer Million Lastenräder aus. Ihm zufolge sollen eine Milliarde Euro dafür bereit gestellt werden. Dann sollen auch private Nutzer einen Anspruch auf den Zuschuss haben.

Lastenrad-Diskussion: Grüne wollen Milliarden-Förderung

Was darauf folgte, war ein Sturm der Entrüstung, der sich vor allem auf den folgenden Satz konzentrierte: „Viele Handwerker und Kleinunternehmer könnten ihre Dienstleistungen und Fahrten auch mit E-Lastenrädern anbieten, aber dafür gibt es zu wenig Fördermittel“, sagte Kindler dem RND.

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„Klassischer Vorschlag von Großstadt-Grünen“, schrieb der Regisseur Thomas Bohn auf Twitter und bekam große Zustimmung. Viele warfen den Grünen zudem Weltfremdheit, moralisches Überlegenheits-Denken und Klientel-Politik vor – wie sollten Handwerker die vielen Materialien auf ein Lastenrad laden? Eine „Unverschämtheit“, eine „Verschwendung von Steuergeld“ heißt es.

Lastenrad trendet auf Twitter – hitzige Diskusison

Genauso viele Nutzer:innen auf Twitter halten dagegen. „Unser Lastenrad ersetzt 90 Prozent der Fahrten in der Kleinstadt“, schreibt ein User. „Seit wir uns eins vor knapp drei Jahren gekauft haben, sind die Kinder und ich fast nur noch damit unterwegs und können nahezu ganz auf das Auto verzichten“, so eine andere.

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Ob Zuschuss oder nicht – Fakt ist: Lastenräder boomen, besonders seit Corona. Im Vergleich zu 2019 ist Absatz von Lastenrädern in Deutschland laut „Statista“ um 35,8 Prozent angestiegen – der Großteil davon mit E-Antrieb.

„Sie eignen sich für den Transport von schweren Lasten, die mit einem herkömmlichen Fahrrad kaum oder gar nicht zu transportieren sind. In einer Stadt wie Hamburg sind sie für fast alle Menschen die Alternative zum eigenen Auto“, ist Dirk Lau, Sprecher des Landesverbands des ADFC, überzeugt. Als Beispiele nennt er größere Einkäufe und Kinder in die Kita bringen. Aber auch im gewerblichen Sektor seien Lastenräder smarte Transportalternativen.

Hamburg: DHL und Rewe liefern mit Lastenrad

Das ist in der Hansestadt teilweise schon Realität – zum Beispiel erprobt die Stadt in Kooperation mit der Hochbahn und Dienstleistern wie der Deutschen Post, Hermes oder Rewe derzeit Mikro-Depots, von denen aus die Waren mit Lastenrädern verteilt werden. Laut der Verkehrsbehörde benutzten auch einige Handwerksbetriebe die Lastenräder für bestimmte Einsätze, in denen keine schweren Geräte oder Lieferungen transportiert werden müssten.

Anjes Tjarks bei der Einweihung der Mikro-Depots im Januar 2021. dpa/picture alliance/Christian Charisius
Mikrodepot für Warenlogistik und Lieferverkehr
Anjes Tjarks bei der Einweihung der Mikro-Depots im Januar 2021.

Jan Hempel (57) von „Moove table Licht“ hat das Auto zum Beispiel vor drei Jahren abgeschafft. „Das brauchte ich für Vorbesprechungen und Auslieferung. Dafür nutze ich jetzt Car-Sharing zwei bis dreimal im Monat“, sagt er. Ansonsten nehme er das Fahrrad, denn die Parkplatzsituation in Altona sei zu schlecht.

Jan Hempel (57) hat vor drei Jahren das Auto verkauft und benutzt ein paar Mal im Monat Carsharing. Patrick Sun
Jan Hempel (57) hat vor drei Jahren das Auto verkauft und benutzt ein paar Mal im Monat Carsharing.
Jan Hempel (57) hat vor drei Jahren das Auto verkauft und benutzt ein paar Mal im Monat Carsharing.

Für den 56-jährigen Tischler Andreas Fenske von „Woodworks“ aus Eimsbüttel wären Lastenräder allerdings keine Alternative. „Ich habe viele Möbel dabei und das Werkzeug. Das ist einfach zu alles zu groß dafür.“

ADAC sieht Lastenrad als ein Baustein der Mobilitätswende

Der ADAC in Hamburg mahnt zudem, dass die Stadt nicht nur aus Ottensen und Eimsbüttel bestehe. „Im innerstädtischen Bereich kann das Auto durch das Lastenrad durchaus ersetzt werden“, sagt Sprecher Christian Hieff der MOPO. „Gerade in den vorgelagerten Gebieten können Familien aber schwer auf das Auto verzichten. Die Strecken sind zu lang und die Zeitfenster zu klein.“ Das Lastenrad könne zwar ein Baustein der Mobilitätswende sein, der Großteil liege aber beim ÖPNV.

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Ein Problem bleibt außerdem: Es gibt kaum geeignete Abstellflächen für die Lastenräder in Hamburg. Der ADFC könnte sich vorstellen, Kfz-Parkplätze dafür umzuwandeln. Sprecher Dennis Krämer von der Verkehrsbehörde spricht allerdings eher von der geplanten Errichtung von Fahrradhäuschen in den Quartieren.

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