Neuer Vertrag bei St. Pauli? Juwel Becker spricht Klartext
Diese Saison soll die beste werden, die Finn Ole Becker bislang im Trikot des FC St. Pauli gespielt hat. Das hat sich der Mittelfeldspieler fest vorgenommen und das hofft auch sein Verein. Der Start ist vielversprechend, aber das Eigengewächs sieht bei sich noch viel Luft nach oben. Dorthin er will auch: nach oben, in die Bundesliga. Doch so abwanderungswillig wie es zuletzt den Anschein hatte, ist Becker gar nicht – und überrascht nicht nur bei diesem Thema mit großer Offenheit.
Es kommt nicht häufig vor, dass sich Becker öffentlich zu Wort meldet. Man könnte auch sagen: es ist eine Rarität. Dabei hat der 21-Jährige durchaus etwas zu erzählen. Eine ganze Menge sogar. „Ich bin eher zurückhaltend und mag es gar nicht so, im Rampenlicht zu stehen“, erklärt der Mittelfeldmann. Zum anderen habe er als junger Spieler lange „vom Verein den Welpenschutz bekommen.“
Auf dem Rasen spielt er sich dagegen gern in den Vordergrund und trumpft auf – wie beim Derby-Sieg gegen den HSV, bei dem Becker das 1:0 erzielt hatte. „Es war unbeschreiblich“, schwärmt der gebürtige Elmshorner und erzählt, dass er vor der Kiste ganz cool war – anders als sonst. Normalerweise sei es so: „Je näher ich dem Tor komme desto mehr denke ich nach“, sagt Becker offen. Er sei dann oft „nervös und habe Angst, warum, weiß ich nicht. Diesmal war es nicht so. Der HSV scheint mir zu liegen.“ Schon in der U19 hatte er im Derby getroffen.
St. Pauli-Juwel Becker verbringt viel Zeit auf dem Klo
Auch aus seinem Lampenfieber macht Becker keinen Hehl. „Ich bin vor jedem Spiel aufgeregt. Im Spiel verfliegt es sofort, aber davor verbringe ich die meiste Zeit auf Klo“, verrät er lachend. So lange es dann auch auf dem Rasen bei ihm läuft, ist das kein Problem. Mit dem Anpfiff sei die Nervosität verflogen. Und es läuft bei ihm – vom jüngsten 1:3 in Paderborn mal abgesehen. Becker gehörte im bisherigen Saisonverlauf zu den Besten, führt mit einem Tor und drei Vorlagen die teaminterne Scorerliste an.
Er sei ganz zufrieden, „aber es geht viel besser“, betont Becker. Er wolle mehr Tore schießen, mehr Assists liefern, „mehr Ballaktionen“ haben, sich häufiger die Pille holen, dominanter spielen und „defensiv stärker“ werden, sagt er selbstkritisch. Becker genießt es, in der spielstarken und eingespielten Mannschaft der Braun-Weißen zu kicken, hat „Spaß“ am Offensivfußball. „Ich habe viele Freiheiten, vor allem auf der Rauten-Position, darf viel nach vorne machen, das tut meinem Spiel auch gut.“
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Eine wichtige Rolle spiele Trainer Timo Schultz, den Becker schon aus der Jugend kennt, der ihn fördert, fordert und auch kritisiert. „Unter ihm kann ich mich sehr weiterentwickeln.“ Auch Co-Trainer Loic Favé, der intensiv mit ihm arbeite, sei „überragend“, lobt Becker.
Sein Vertrag läuft noch bis 2022. Es gab Anzeichen, dass Becker den Verein schon in diesem Sommer verlässt. „Ich bin glücklich hier zu sein, es bringt richtig Spaß und sehe keinen Grund, mich zu verändern“, stellt er klar, sagt aber auch: „Es war kein Angebot dabei, wo ich gesagt habe: das mache ich, das wäre der Next Step.“
Becker in die Bundesliga? St. Paulis Mittelfeldspieler hat große Ziele
Ein Wechsel im Sommer ist für ihn vom Tisch – sein großes Ziel bleibt bestehen. „Es ist kein Geheimnis, dass ich irgendwann in der Ersten Liga spielen will“, betont Becker. Ein Aufstieg mit dem FC St. Pauli, für den er schon seit zehn Jahren spielt, am Ende dieser Saison „wäre am Schönsten“, sagt er auf dieses Szenario angesprochen. Finn Ole Becker mit „seinem“ FC St. Pauli in der Bundesliga? „Das wäre ein Traum“.
Er weiß, was er an St. Pauli hat. Der Verein habe ihn „geprägt“, sagt Becker. „Der Klub ist schon etwas Besonderes, sehr familiär, bestimmt viel besser als andere Vereine – besonders die Fans.“ Auch sein Umfeld im Norden, zu dem neben der Familie auch Freundin Bella gehört, sei ihm „sehr, sehr wichtig“, wenngleich er „irgendwann“ seine „Komfortzone verlassen“ wolle.
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Auf die Frage der MOPO, ob er sich vorstellen könne, seinen Vertrag beim Kiezklub sogar über 2022 hinaus zu verlängern, zögert Becker nicht. „Wenn ein gutes Angebot vorliegt, mit dem ich mich identifiziere, dann mache ich das auf jeden Fall.“ Eine überraschend klare Ansage. Dafür müsse man „miteinander sprechen und eine Lösung finden“. Becker bestätigt, dass es „inzwischen“ Gespräche gibt. Die entscheidende Frage wird sein, was beide Seiten unter einem „guten Angebot“ verstehen.
Den Wirbel um seine Zukunft und all die Fragen würde er sich am liebsten sparen. Becker hat vor allem eines im Sinn: „Ich will nur Fußball spielen und Spaß haben.“ Noch eine Weile bei St. Pauli. Vielleicht auch länger. Wie lange, ist Verhandlungssache.