Anonymes Steuer-Portal auch in Hamburg? Das sagt der Finanzsenator
Es ist Wahlkampf – und da ist der Ton traditionell ein wenig rauer. „Steuer-Stasi“, „Pranger“, Denunziantentum“, hallt es vor allem von konservativer Seite durch die Republik, weil Baden-Württemberg ein Online-Meldeportal für Steuerbetrug eingeführt hat. Dabei könnte das Portal Schule machen – auch in Hamburg?
Mindestens 50 Milliarden Euro im Jahr geht dem Fiskus wegen Steuerhinterziehung regelmäßig verloren. Steuerfahnder:innen in ganz Deutschland nahmen 2020 circa 3,2 Milliarden Euro ein – in Hamburg waren es rund 102 Millionen Euro.
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Um gegen die Diskrepanz vorzugehen, hat sich Baden-Württemberg meit seinem grünen Finanzminister Danyal Bayaz dazu entschieden, künftig auch Online-Meldungen von mutmaßlichen Steuerhinterzieher:innen zu ermöglichen. Dazu muss man wissen: Bereits heute kann man anonym per Post, E-Mail oder Telefon Verdachtsfälle den Finanzämtern melden.
Hamburgs CDU-Chef Ploß spricht von „Steuer-Pranger”
Die Neuerung in Baden-Württemberg sieht nun vor, dass die Steuerfahnder online anonym an die Hinweisgeber:innen Rückfragen stellen können. Dies war bei bisherigen anonymen Meldungen beispielsweise über den Postweg nicht möglich – und verhinderte so oftmals konkrete Ermittlungen, weil den Fahnder:innen wichtige Informationen fehlten.
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Gegner des Online-Meldeportals wittern jedoch einen Aufruf zum Denunziantentum. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß sprach von einem „Steuer-Pranger der Grünen“, der „staatliche Anstiftung zum Denunziantentum“ sei.
Hamburg will abwarten – Dressel: „Die Beteiligten sollten abrüsten”
Gleich nebenan in Schleswig-Holstein hingegen gibt es durchaus Zuspruch für die Idee. Dort prüft die grüne Finanzministerin Monika Heinold, ob auch ein solches Meldeportal eingeführt werden könnte.
In Hamburg will Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erst einmal abwarten und zeigte sich ob der aufgeheizten Debatte irritiert. „Bereits jetzt kann man in Hamburg relevante Steuervergehen anonym dem Finanzamt oder der Finanzbehörde melden – auch wenn für die Rechtsverfolgung konkrete Anzeigen natürlich vorzugswürdig sind“, sagte er der MOPO. Ob Hamburg ein solches Meldeportal einführt, hänge entscheidend von der Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie ab. „Insgesamt sollten die Beteiligten dieser aktuellen Debatte mal etwas abrüsten – vor allem verbal“, mahnte er.
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Hintergrund der EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie ist, dass Personen geschützt werden müssen, die Verstöße gegen EU-Recht in bestimmten Bereichen wie zum Beispiel Steuerbetrug melden. Die sogenannte Whistleblower-Richtlinie muss in den Mitgliedsstaaten bis Dezember umgesetzt werden – die konkrete Ausgestaltung ist in Deutschland noch offen.