Studis der HafenCity-Universität sauer: „Wir werden ausgesperrt“
Erneut Zoff an Hamburgs kleinster Hochschule: Seit 18 Monaten dürfen die Studierenden wegen Corona keinen Fuß in das Gebäude der HafenCity-Universität (HCU) setzen. Inzwischen schwindet das Verständnis für das Präsidium, zumal viele Studis aus den Bereichen Architektur und Stadtplanung Teile ihres Studiums, etwa den Bau von großen Modellen, nicht in kleinen Wohnungen oder WG-Zimmern absolvieren können.
„Seit Beginn der Pandemie ist Studierenden das Betreten des Gebäudes untersagt“, erklärt Marvin Brinkmann vom Asta gegenüber der MOPO. Begründung: „Wir werden von der Universitätsleitung als Publikumsverkehr und nicht als Angehörige der Uni angesehen.“ Rund 2500 Studentinnen und Studenten sind an der HafenCity-Universtät eingeschrieben, die sich 2006 aus Fachbereichen der anderen Hamburger Unis gebildet hat. Schwerpunkt: Baukunst und Metropolenentwicklung.
Dass das Präsidium die Studierenden „aussperrt“, stößt zunehmend auf Unmut: „Während anderswo Universitäten ihre Räumlichkeiten für Studierende wieder öffnen, bleibt die HCU dabei: Studierende müssen sich anderweitig einen Ort zum Studieren suchen“, kritisiert der Asta der Uni: „Besonders Studiengänge, deren Fokus auf gemeinsamen Gruppenarbeiten und Modellbau liegt, leiden zunehmend unter diesen Bedingungen.“
In einer Senatsantwort zu einer Anfrage der Linken heißt es, seit Juli 2021 dürften die Studierenden wieder die Bibliothek nutzen, außerdem gebe es 30 „studentische Still-Arbeitsplätze“ in den einstigen „Märchenwelten“. Gemeint sind Schreibtische in einer fensterlosen Halle neben der Uni, die von 9 bis 19 Uhr geöffnet ist. Die Begeisterung hält sich in Grenzen: Laut Senatsantwort sind im Schnitt drei Plätze täglich besetzt, was auch daran liegen könnte, dass es in der Halle zunächst weder Steckdosen für Laptops noch Internet gab.
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Zum Vergleich: An der Uni Hamburg sind die Arbeitsplätze bis Mitternacht zugänglich. Die Öffnungszeiten der HCU ärgern die Studierenden seit Jahren: Im Mai 2018 war Diesel aus einem Notstromaggregat gelaufen, ein Teil des Gebäudes ist seitdem gesperrt, die Öffnungszeiten wurden von 23 auf 20 Uhr verkürzt. Die Unileitung erklärt das mit fehlendem Personal für den Brandschutz.
Hamburg: Zoff an der HafenCity Universität
Wegen Corona ist auch die Werkstatt der HCU, in der die angehenden Architektinnen und Stadtplaner große Modelle aus Holz und Plexiglas bauen könnten, seit anderthalb Jahren geschlossen. Stattdessen werden die Anforderungen runtergeschraubt, die Studierenden behelfen sich in Heimarbeit mit kleineren Papp-Modellen. Auch der PC-Pool ist noch nicht wieder zugänglich, obwohl nicht alle Studis sich die teure Software leisten können, die man etwa für ein Architekturstudium auf seinen Laptop laden müsste.
Der Frust ist groß. Als die HCU am 26. August stolz auf ihrem Instagram-Kanal den Besuch von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verkündetet, blieb die Häme nicht lange aus: „Wieso darf der Clown in die Uni, aber ich nicht?“, lautet ein Kommentar, „Studierende aussperren, aber für den Wahlkampf wird dann wohl doch der rote Teppich ausgerollt“, ein anderer. HCU-Präsident Jörg Müller-Lietzkow steht der CDU nahe, gehörte bei der Landtagswahl 2016 zum Kompetenzteam der CDU Rheinland-Pfalz um Julia Klöckner.
Der Uni-Präsident, so klagt die Studierendenvertretung, verweigere die Kommunikation mit den Gremien, reagiere nicht auf Mails und informiere nicht, wie es an der Uni weitergehe.
Gegenüber dem Abendblatt weist Müller-Lietzkow, der sein Amt erst 2019 angetreten hat, alle Vorwürfe zurück. Der Austausch mit Studierenden habe für ihn höchste Bedeutung und finde regelmäßig statt.
Im Oktober beginnt das Wintersemester, dann sollen Seminare und Vorlesungen an der HCU mit bis zu 100 Teilnehmern wieder in Präsenz stattfinden. Alle Lehrräume sollen bis dahin mit Luftfiltern ausgestattet sein.