Umstrittener Werder-Manager Baumann: „Ich brauche diesen Job nicht“
Es war eine emotionsgeladene Veranstaltung erwartet worden, denn die Mitgliederversammlung von Werder Bremen am Sonntag hatte einige brisante Themen zu bieten. Zum Einen musste der umstrittene Geschäftsführer Frank Baumann vor den rund 1000 anwesenden Mitgliedern Rechenschaft über seine Entscheidungen ablegen. Und zum Anderen wurden vier der sechs Aufsichtsratsposten neu besetzt, nachdem unter anderem der Vorsitzende Marco Bode zurückgetreten war. Doch trotz des ersten Abstiegs seit 41 Jahren blieb es erstaunlich ruhig.
So etwas hat Frank Baumann im Weserstadion schon lange nicht mehr erlebt. Als der Sport-Geschäftsführer bei der mit großer Spannung erwarteten Mitgliederversammlung am Sonntag nach fast 40 Minuten seine Rede beendet hatte, gab es deutlich vernehmbaren Applaus. Noch vor ein paar Wochen hatte es laute „Baumann raus“-Rufe im Stadion gegeben, weshalb über die Zukunft des Geschäftsführer Sports nach wie vor heftig spekuliert wird. Doch beim ersten Treffen der Mitglieder seit dem Abstieg aus der Bundesliga kam es nicht zu der von vielen erwarteten Abrechnung mit Baumann.
Werder Bremen: Frank Baumann räumt auf Mitgliederversammlung „Anteil am Abstieg“ ein
Das lag auch daran, dass Baumann in seinem Vortrag Fehler einräumte. „Auch ich trage meinen Anteil am ersten Abstieg nach 41 Jahren“, sagte der Ex-Profi. Ob Transfers, das lange Festhalten an Trainer Florian Kohfeldt oder der Abschied von Club-Legende Thomas Schaaf als Technischer Direktor – Baumann bezog zu vielen Punkten Stellung und übernahm auch seinen Teil der Verantwortung. Gleichwohl räumte er ein, dass die heftige Kritik seit dem Abstieg „nicht spurlos“ an ihm vorbeigegangen sei.
„Ich brauche diesen Job nicht, ich bin finanziell unabhängig. Und ich brauche auch die Öffentlichkeit nicht. Aber für mich bedeutet Verantwortung zu übernehmen, auch in schwierigen Zeiten nicht davonzulaufen, sondern mit Sinn und Verstand anzupacken und zu versuchen, den Verein wieder in eine positive Zukunft zu lenken“, sagte Baumann.
Frank Baumann: Ducksch-Transfer versöhnt die Werder-Fans
Dass die Kritik am Sportchef nicht so heftig ausfiel wie von ihm und vielen anderen im Vorfeld befürchtet, lag wohl auch daran, dass Baumann auf der Zielgerade der Transferperiode noch einige Erfolge hatte vermelden können. Die Verpflichtung von Marvin Ducksch als Torjäger stimmte viele Werder-Anhänger milde, der dem neuen Trainer Markus Anfang nun zur Verfügung stehende Kader weckt Hoffnungen, dass die Grün-Weißen doch direkt um den Aufstieg mitspielen können. „Wir haben ein gutes Fundament“, sagte Baumann.
Werder Bremen mit Finanzproblemen und Millionenminus
Auch finanziell wähnen sich die Bremer auf dem Weg in eine bessere Zukunft. Zwar präsentierte Geschäftsführer Klaus Filbry wie erwartet ein Millionen-Minus für die vergangenen beiden Spielzeiten. Für die Fußball-Saison 2019/20 vermeldeten die Bremer ein Rekordminus von 23,8 Millionen Euro, für die Abstiegssaison 2020/21 ein Minus von 8,8 Millionen Euro. Die Entwicklung bewertete Filbry aber positiv. „Ich glaube, dass es in der Bundesliga nicht viele Vereine schaffen, ihr Ergebnis in der zweiten Saison in der Corona-Pandemie um 15 Millionen zu verbessern“, sagte Filbry.
„Wir hatten Corona, wir waren auf der Intensivstation. Heute sind wir von der Intensivstation runter. Wir sind wirtschaftlich wieder stabil“, bilanzierte Filbry. Gleichwohl werde der Verein noch lange mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben. Schließlich muss der Klub Gelder einer Landesbürgschaft und einer Mittelstandsanleihe in Höhe von rund 40 Millionen Euro in den kommenden Jahren zurückzahlen.
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Dennoch sieht Filbry die größten Schwierigkeiten erst einmal überwunden. „Und wir werden, wenn es einigermaßen vernünftig mit den Zuschauern läuft, am Ende der Saison ein positives Ergebnis haben“, sagte der Geschäftsführer.
Aufsichtsratswahl in Bremen: Ulrike Hiller erhält zweitmeisten Stimmen
Bei der Aufsichtsratswahl gab es ein Novum in Bremen, denn erstmals ist eine Frau in das Gremium gewählt worden. Die 56 Jahre alte Ulrike Hiller erhielt bei der Wahl die zweitmeisten Stimmen, obwohl sie erst am Freitag kurzfristig vom Wahlausschuss des Zweitligisten als Nachrückerin zugelassen worden war. Außer Hiller wurden Harm Ohlmeyer, Dirk Wintermann und Florian Weiß gewählt.
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Nach dem Abstieg und viel Kritik hatten der bisherige Vorsitzende Marco Bode sowie Kurt Zech, Thomas Krohne und Andreas Hoetzel erklärt, nicht weitermachen zu wollen. (dpa/seb)