Riskant: In diesem Land sind Bitcoins nun offizielle Währung
Das ist eine Welt-Neuheit: El Salvador ist weltweit das erste Land, das Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel anbietet. Ist das die Zukunft der neuen Finanzwelt? Oder stürzt Präsident und Bitcoin-Verfechter Nayib Bukele das kleine Land damit in den finanziellen Ruin?
Das passende Gesetz wurde schon vor einigen Monaten abschiedet, am Dienstag ist es in Kraft getreten: Bitcoins sind in El Salvador ein gesetzliches Zahlungsmittel. Jeder Händler, der technisch dazu in der Lage ist, muss sie akzeptieren. Auch Steuern können in der Kryptowährung bezahlt werden.
Mit Bitcoin weniger abhängig von den USA
Auf Twitter verkündetet Präsident Bukele, dass der Staat erste 400 Bitcoins gekauft habe. Das entspricht aktuell einem Wert von mehr als 17 Millionen Euro. Auf den Tausch von Bitcoin soll in El Salvador keine Kapitalertragsteuer erhoben werden. Den Wechselkurs zum US-Dollar soll der Markt frei entscheiden. 200 Automaten des digitalen Portemonnaies „Chivo“ wurden aufgestellt, die eingezahltes Geld direkt in Bitcoins wechseln.
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Der Grund für den gewagten Schritt: Seit 2001 wird in dem mittelamerikanischen Sechs-Millionen-Einwohnerland El Salvador der US-Dollar als Zahlungsmittel benutzt. Dadurch ist das Land von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Das will der autoritäre Präsident Bukele nun eindämmen. Bitcoins werden nicht von einer Zentralbank kontrolliert, sondern durch ein dezentrales, energieintensives Computerverfahren, dem sogenannten Mining, geschaffen. Für das Wirtschaftswachstum der Nation sei es nötig, eine digitale Währung zuzulassen, deren Wert allein von marktwirtschaftlichen Kriterien abhänge, heißt es in dem Gesetzestext.
El Salvador: Rund 70 Prozent der Bevölkerung ohne Zugang zu traditionellen Finanzdienstleistungen
Und gerade für Schwellen- und Entwicklungsländer bieten Bitcoins einen großen Vorteil: Jeder mit Internetzugang kann direkt, schnell und kostengünstig Überweisungen tätigen – und in El Salvador haben nach Angaben der Regierung rund 70 Prozent der Einwohner keinen Zugang zu traditionellen Finanzdienstleistungen. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt außerdem im Ausland – und trägt laut der BBC mit ihren Überweisungen an Familien in der Heimat mit rund 20 Prozent zum Bruttoinlandprodukt bei. Und diese Transfers kosten. „Unsere Leute zahlen 400 Millionen Dollar pro Jahr an Überweisungsgebühren. Allein diese Einsparungen werden ein großer Vorteil sein“, twitterte Bukele.
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Doch der riskante Move steht auch in scharfer Kritik: Denn die Kryptowährung gilt als Spekulationsobjekt und ist heftigen Kursschwankungen unterworfen. Allein Tesla-Chef Elon Musk hatte den Kurs durch Tweets in diesem Jahr schon heftig abrutschen oder in die Höhe schnellen lassen. Als „verrückt“ und „zu riskant“ bezeichnen Finanzexperten deshalb die Idee. Der Internationale Währungsfonds verweigerte die Unterstützung bei der Einführung, berichtet der RND. Auch die Ratingagentur „Moody’s“ hat die Kreditwürdigkeit des Landes zurückgestuft, so der „Spiegel“.
Bitcoins in El Salvador: Mehrheit der Bevölkerung skeptisch
Auch im Land selbst hält sich die Begeisterung in Grenzen: Nach einer landesweiten Umfrage der Universidad Centroamericana mit knapp 1300 Teilnehmern im August lehnen rund 70 Prozent der Salvadorianer das Bitcoin-Gesetz ab. Nur 4,8 Prozent wussten überhaupt, dass Bitcoins eine Kryptowährung sind. Nun lockt die Regierung mit Startguthaben: Wer sich das digitale Portemonnaie „Chivo“ runterlädt, bekommt ein Guthaben von umgerechnet rund 25 Euro geschenkt. (ncd/dpa)