Ich war zum ersten Mal in einer Hamburger Notaufnahme – und bin schockiert
Geräte piepen, Menschen stöhnen, Personal in blauer Kleidung eilt hin und her. Ich sitze in der Notaufnahme des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, habe Schmerzen und meine Gedanken kreisen. Ich weiß, dass etwas überhaupt nicht stimmt mit meinem Fuß. Allerdings ahne ich noch nicht, wie ruppig man gleich mit mir umgehen wird. Nach dem Besuch bin ich schockiert – und es stellt sich heraus: Das geht nicht nur mir so.
Es ist mein erstes Mal in einer Notaufnahme. Von Freunden weiß ich, dass Wartezeiten von bis zu zwölf Stunden in diesen Einrichtungen nichts Ungewöhnliches sind, auch wenn man mit starken Schmerzen kommt. Deshalb wundert es mich, dass mein Fuß bereits nach kurzer Zeit geröntgt wird. Ich freue mich: Jetzt bekomme ich ein Gespräch mit einem Arzt und erfahre endlich, was los ist.
Letzteres stimmt, Ersteres nicht. „Der Fuß ist gebrochen“, ruft die Ärztin mir über den Flur zu und schickt mich zurück ins Wartezimmer. Sie ist so schnell abgezischt, dass sie nicht mehr sieht, wie ich aus allen Wolken falle. Die Schmerzen kommen von einem Knochenbruch im Fuß? Die Nachricht kommt total überraschend für mich. Ich kann mir nicht erklären, wie oder wobei ich mir den Mittelfußknochen gebrochen habe. Ich habe 1000 Fragen – aber keine Möglichkeit, sie zu stellen.
Notaufnahme in Hamburg: Gereizte Pfleger und keine Informationen
Drei weitere Stunden sitze ich so da, der Fuß tut weh, Patienten stöhnen, das Pflegepersonal eilt an mir vorbei. Niemanden interessiert die Tatsache, dass es mir sehr schlecht geht. Ich weiß, dass ich hier nur eine von vielen bin: Circa 70.000 Patienten behandelt die Zentrale Notaufnahme des UKE nach eigenen Angaben im Jahr.
Zwar merke ich den Pflegern ihre Gereiztheit an, doch irgendwann halte ich es nicht mehr aus und will fragen, ob ich bald mit weiteren Informationen rechnen kann. Doch so weit kommt es nicht: „Wir haben hier 40 Patienten zu betreuen und wenn Sie fragen, wie lange es dauert, dann dauert es noch länger!“, giftet mich eine an.
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Irgendwann kommt jemand, legt mir eine Art riesige Schiene an, reicht mir ein Paar Krücken und rammt mir eine Thrombosespritze in den Bauch. Als ich zusammenzucke, weil es so brennt, informiert mich die Pflegerin knapp: „Ja, ab morgen müssen Sie das täglich selbst machen.“ Wie genau, das erklärt sie mir nicht. Dass morgen Sonntag ist, scheint auch keine Rolle zu spielen. Ich werde ohne Spritzen oder ein Rezept nach Hause geschickt und muss mir selbige über den Arztruf organisieren.
Ist das normal so?, frage ich mich. Natürlich weiß ich, dass in der Notaufnahme ständig viel dramatischere Fälle behandelt werden, dass es hier auch um Leben und Tod gehen kann und ich dagegen wohl ein eher unwichtiges Problem habe. Aber als ich Bekannten und Kollegen von meiner Erfahrung berichte, haben die sofort zahlreiche ähnliche Geschichten parat. Das scheint also normal zu sein.
Überlastung der Pflegekräfte? UKE weist Vorwürfe zurück
Laut der Hamburger Krankenhausbewegung ist die dramatische Personalknappheit Ursache dafür, dass es in den Notaufnahmen so schlecht läuft. Immer mehr Kollegen würden kündigen, da die Arbeitsbelastung unerträglich sei und die Pandemie die Lage noch verschärft habe. „Für immer mehr Kolleg:innen geht es einfach nicht mehr weiter“, so die Bewegung.
Hört man sich im UKE direkt um, erfährt man ebenfalls von prekären Arbeitsbedingungen, die sich seit der Corona-Krise noch verschlimmert hätten, von unmenschlichen Arbeitszeiten, völliger Überlastung, Personalflucht. Doch diesen Eindruck weist Dr. Ulrich Mayer-Runge, ärztlicher Leiter der Notaufnahme am UKE, zurück. „Ich kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Wir bekommen häufig positive Rückmeldungen von Patient:innen.“
Dass mir keine Thrombosespritze für den Sonntag mitgegeben wurde, bezeichnet er als „individuellen Fehler“, der nicht hätte passieren dürfen. Das wenig empathische Verhalten des Pflegepersonals sei mehr mit „individuellen Charakterzügen“ zu begründen als mit Überforderung. An dem Samstag sei es vergleichsweise ruhig gewesen in der Notaufnahme. Sehr wohl könnte aber auch ein hohes Patientenaufkommen bei den Pflegenden und Ärzten zu Verhalten oder Äußerungen führen, die von Patienten als unfreundlich oder getrieben wahrgenommen werden können, sagt Runge.
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Vier Tage nach dem Besuch in der Notaufnahme gehe ich zu einem niedergelassenen Unfallchirurgen. Dabei stellt sich heraus, dass es gar nicht so schlimm ist: Der Bruch ist nur minimal, die Schiene bezeichnet der Arzt als „Übertherapie“. Ich bekomme eine Art Sandale, mit der ich besser laufen kann.
Haben Sie auch eine unschöne Erfahrung in einer Hamburger Notaufnahme gemacht? Schreiben Sie mir Ihre Geschichte gern: Pauline.Reibe@mopo.de