• Politikberater Bendix Hügelmann
  • Foto: Patrick Sun

MOPO-Interview: Hamburger Politikberater über die Macht von Instagram im Wahlkampf

Immer mehr Politiker:innen nutzen Soziale Medien wie Instagram für ihren Wahlkampf. Aber geht es dabei noch um Fakten oder nur um schöne Bilder? Und welche Politiker:innen verstehen es am besten, die Nutzer:innen für sich zu gewinnen? Die MOPO hat mit dem Hamburger Politikberater Bendix Hügelmann gesprochen.

MOPO: Warum ist Instagram für Politiker:innen interessant?

Bendix Hügelmann: Auf Instagram sieht man Momente und Perspektiven, die nirgendwo anders stattfinden. Nicht im Fernsehen und nicht im Radio. Daher ist dieser Kanal besonders gut zur Personalisierung geeignet. Ein inzwischen berühmtes Beispiel ist die amerikanische Abgeordnete Alexandra Ocasio-Cortez. Diese hat sich während ihres Wahlkampfs Live bei Instagram dabei gezeigt, wie sie Möbel aufbaut, dazu ein Glas Wein trinkt und nebenbei politische Fragen aus der Community beantwortet. Das wirkte authentisch und nahbar, das Video ging viral. Unter diesem Eindruck wächst derzeit eine neue Generation von Politikerinnen und Politikern heran, die wissen, wie sie die Sozialen Medien für sich nutzen können. Das wird in den kommenden Jahren viel Einfluss darauf nehmen, wie Wahlkämpfe aussehen.

Aber geht es bei Instagram wirklich um Fakten oder um schöne Bilder mit niedlichen Tieren?

Wie gesagt: Instagram ergänzt das Bild von Politikern um einen weiteren Blickwinkel. Nur ein süßes Hundebaby in die Kamera zu halten, das hat keinen Mehrwert. Es ist eher die Frage, vermag ich es glaubhaft zu vermitteln, warum ich mich als Politikerin oder Politiker für dieses oder jenes Thema engagiere. Die eigene Geschichte zu erzählen, darum geht es.

Wie schlagen sich da die deutschen Politiker:innen?

Bei zahlreichen Kandidierenden kommt das Thema Soziale Medien leider erst kurz vor Wahlterminen auf die Agenda. Das erklärt auch, warum die Landschaft der sozialen Medien in Deutschland so aussieht, wie sie aussieht. Letzten Endes verstehen nur sehr wenige, wie durch gute Kommunikationsarbeit in den sozialen Medien das eigene Bild in der Öffentlichkeit kultiviert werden kann.

Welche Politiker:innen machen ihre Arbeit bei Instagram am besten?

Da gibt es schon einige, die sich gut schlagen. Natürlich hängt das auch immer von Ressourcen, Zugängen und Selbstvertrauen ab. Dorothee Bär ist jemand, die es sehr gut versteht ihr öffentliches Bild selbst zu zeichnen. Aus der jungen Generation sind zum Beispiel noch Luise Amtsberg von den Grünen aus Schleswig-Holstein oder Konstantin Kuhle von der FDP aus Niedersachsen zu nennen. Das größte Wachstum eines politischen Profils habe ich bei Annalena Baerbock gesehen, ihr Profil ist nach der Nominierung in nur zwei Wochen von etwa 70.000 Abonnenten auf rund 200.000 angewachsen. So einen Ansturm gab es in der deutschen Politik auf Instagram noch nie.

Bringt es auch für Lokalpolitiker:innen einen Mehrwert, sich auf Instagram zu präsentieren?

Ich würde sagen, es bringt gerade in der Kommunalpolitik etwas. Hier können Politiker zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der politischen Karriere erste Gehversuche in dieser Form der Kommunikation unternehmen. Das schafft mittelfristig Sicherheit im öffentlichen Auftritt. Gleichzeitig können sie sich parallel eine Community aufbauen.

Welche Wähler tummeln sich überhaupt auf Instagram?

Theoretisch alle. Praktisch muss man sich die Nutzerstatistiken anschauen. Schätzungsweise nutzen ca. 85 Prozent der unter 25-Jährigen den Kanal.


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Welche Inhalte werden gerne von den Nutzer:innen gesehen?

Pauschal kann man das nicht sagen. Standards hängen von der Flughöhe eines Profils ab und wie sich die Person präsentieren möchte. Für eine Annalena Baerbock gelten andere Regeln, als für einen Bürgerschaftsabgeordneten aus Hamburg. Es geht darum, einen roten Faden zu haben, der sich durch das Profil zieht und eine persönliche Geschichte zu erzählen.

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Aber es gibt doch gewisse Trends in den sozialen Medien?

Der Kanal diktiert die Rahmenbedingungen, das gilt für alle Sozialen Medien egal ob Facebook, Instagram oder TikTok. Darüber hinaus gibt es beim Thema „Selbstinszenierung“ die unterschiedlichsten Ansätze. Es fängt mit Fragen an wie zum Beispiel: Wie oft bin ich im Bild? Gerade in lokalpolitischen Kontexten können Sie mal darauf achten. Wenn Sie die Accounts der Bürgerschaftsabgeordneten nebeneinanderlegen, werden sie feststellen, dass die Abgeordneten sehr viel seltener selbst im Bild sind als zum Beispiel Frau Baerbock auf ihrem Kanal. Das sich-selbst zur Schau stellen liegt nicht jedem und bedarf einer gewissen Abgeklärtheit im Umgang mit der eigenen Öffentlichkeit.

Kommt man als Politiker:in langfristig um Instagram herum?

Ich bin der Meinung, dass sich das Anforderungsprofil an einen Politiker dahingehend verschoben hat, dass eine überdurchschnittliche Medienkompetenz zum Job dazugehört. Das schließt auch Social-Media-Plattformen zwingend mit ein. Gerade am Anfang aber ist der Weg zum gelungenen Web-Auftritt oft ein steiniger. Nicht alle sind dazu bereit.

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