Bildung zur Nachhaltigkeit
  • Was für ein Spaß! Justus (7) und seine Mitschüler buddeln auf dem Gut Wulksfelde Kartoffeln aus.
  • Foto: Florian Quandt

So werden Hamburgs Kinder zu Öko-Profis

Buddeln statt büffeln: Für die Erstklässler der Grundschule Krohnstieg in Langenhorn ist heute ein besonderer Tag. Ihr Unterricht wurde aus dem Klassenzimmer auf einen Kartoffel-Acker des Guts Wulksfelde verlegt. Dort dürfen die Kinder nach aller Herzenslust in der Erde wühlen. Die Arbeitsblätter sind zu Hause im Ranzen geblieben. Der Besuch auf dem Bauernhof ist Teil des „Masterplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“, den der Senat im Juni verabschiedet hat.

Zehn Uhr morgens auf dem Gut Wulksfelde in Tangstedt. Während im Hintergrund die Hühner gackern und Schweine grunzen, versammelt Umweltpädagogin Sabine Limmroth die Schüler der 1. Klasse aus Langenhorn. „Wisst ihr, was Pflanzen zum Wachsen brauchen?“, fragt Limmroth. Zehn Zeigefinger schießen in die Höhe. „Wasser“, weiß ein Junge. „Erde“, ruft ein Mädchen. „Sonne“, sagt ihre Freundin.

Die Kinder sind gut auf den Ausflug vorbereitet worden. Als Limmroth fragt, was man aus Kartoffeln alles machen kann, rufen alle im Chor: „Pommes!“ Nur bei der Frage, was die Menschen in Europa wohl vor der Ankunft der Kartoffel gegessen haben, herrscht erstmal Schweigen. „Spaghetti?“, fragt ein Junge vorsichtig. Andere Kinder schlagen Schokolade, Kräuter, Gemüse und Pizza vor.

Masterplan: Hamburgs Kinder zu verantwortungsbewussten Verbrauchern erziehen

„Für viele Kinder ist der Besuch hier auf dem Hof die erste Erfahrung mit der Frage, wo unsere Lebensmittel eigentlich herkommen“, erzählt Sabine Limmroth, die die Führungen für den Verein Ökomarkt als von der Stadt Hamburg zertifiziertem Bildungszentrum für Nachhaltigkeit durchführt. Schon vor der Verabschiedung des Masterplans begleitete Ökomarkt pro Jahr bis zu 7000 Hamburger Kindern bei ihren Ausflügen in die Natur. Jetzt sollen es noch viel mehr werden. „Jedes Kind hat von Geburt an eine starke Liebe zur Natur und zu Tieren. Man muss ihnen diese Liebe lassen und sie fördern, statt sie abzutrainieren. Nur so werden sie später verantwortungsvolle Verbraucher“, sagt Sabine Limmroth.

Nur wer sich des Zusammenhangs zwischen der Natur und gesunder Ernährung bewusst ist, der trifft auch im Supermarkt die richtige Entscheidung – so der Ansatz des Vereins Ökomarkt. Und richtig ist die Entscheidung, wenn Produkte ausgewählt werden, die produziert wurden, ohne die Natur zu zerstören – ohne Pestizide, ohne Antibiotika, ohne Massentierhaltung. „Anders als viele Menschen meinen, haben wir als Verbraucher eben doch die Macht. Denn die Regale werden mit den Produkten gefüllt, die nachgefragt werden“, so Limmroth. Wichtig sei es, das Bewusstsein früh zu schaffen.

Verein Ökomarkt in Hamburg: Jeder Mensch kann dazu beitragen, die Welt zu verändern

Tina Zurek aus dem Leitungsteam des Ökomarkts ergänzt: „Die Politik alleine wird die Klimakrise nicht bewältigen können. Jeder Mensch muss an seinem Wirkungsort dazu beitragen, dass sich die Welt verändert. Dafür brauchen wir eine steile Lernkurve über alle Bildungsbereiche hinweg.“

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Auf dem Weg zum Kartoffel-Acker erklärt Sabine Limmroth den Kindern noch ein wenig über die Nahrungsketten auf dem Gutshof. Warum die Vögel, die ihre Nester in der Hausmauer haben, zum Beispiel wichtige Mitarbeiter auf dem Hof sind – weil sie früh morgens über die Felder fliegen und die Schädlinge fressen. „So einen?“, fragt Cristobal (7), als sie den Acker erreichen und er einen kleinen Käfer entdeckt. Sabine Limmroth nickt, stellt die Kisten auf und gibt die Wälle auf dem Acker zum Buddeln frei.

Mädchen (7): „Ich dachte, Kartoffeln wachsen an Bäumen!“

Das ist ein Gejauchze und Gejohle, jedesmal, wenn ein Kind beim Graben auf eine Kartoffel stößt. „Fast so schön wie Ostereier suchen!“, stellt Justus (7) fest. Und seine Zwillingsschwester Julika ist ganz überrascht: „Ich dachte, Kartoffeln wachsen an Bäumen!“ Sie ist nicht die einzige, die das dachte. Machmal kommt es auch zu kleinen Streits darum, wer die Kartoffel zuerst entdeckt hat. Oder darum, wer die größte gefunden hat. Als Paul (6) eine grüne Kartoffel entdeckt, erklärt Sabine Limmroth, warum man die nicht essen darf. „Die ist vielleicht vom Regen freigespült worden und die Sonne hat drauf geschienen. Dann entwickelt die Kartoffel ein Gift und wird grün.“

Auf dem Weg zurück zum Hof überlegen die Kinder, was sie mit ihrer Ernte anfangen könnten. Bratkartoffeln, Püree oder Suppe. Nur Yusuf stellt fest: „Ich mag keine Kartoffeln. Ich esse lieber Schokolade.“

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