Cum-Ex-Razzia: Hamburger SPD in Bedrängnis
Cum-Ex-Razzien in Hamburg: Die Staatsanwaltschaft Köln hat am Dienstag in Hamburg mehrere Wohnungen von ehemaligen Hamburger SPD-Politikern und Räume der Finanzbehörde durchsuchen lassen. Die Razzien sollen in Zusammenhang mit der Steuergeldaffäre rund um die Warburg-Bank stehen.
Im Hamburger Untersuchungsausschuss zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank lässt sich bislang keine politische Einflussnahme von führenden SPD-Politikern wie Olaf Scholz und Peter Tschentscher nachweisen. Doch nun könnte es für die Hamburger Sozialdemokraten ungemütlich werden: Nach Informationen der Deutschen Presseagentur (dpa) wurden neben Räumen der Finanzbehörde auch Privaträume des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) durchsucht. Die Strafverfolger ermitteln wegen des Anfangsverdachts der Begünstigung. Kahrs war im Mai 2020 überraschend von allen politischen Ämtern zurückgetreten.
Razzien bei ehemaligen Hamburger SPD-Politikern
Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte der MOPO die Durchsuchungen – allerdings nicht den Namen Kahrs. „Seit heute Morgen werden Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, die neben Privaträumen auch Räumlichkeiten der Hamburger Finanzbehörden betreffen“, hieß es auf MOPO-Nachfrage.
Die Hamburger Finanzbehörde teilte auf Anfrage der MOPO mit, es handle sich bei den Durchsuchungen in ihren Räumlichkeiten um eine „Durchsuchung bei Dritten und ausdrücklich nicht bei Beschuldigten“. In der Vergangenheit habe man alle Unterlagen zur Verfügung gestellt und „vollständig kooperiert“. Konkret geht es um drei Beschuldigte. Betroffen seien laut dpa neben Kahrs auch die zuständige Sachgebietsleiterin der Finanzbehörde und der ehemalige SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk (88).
Hamburg ließ Millionen an Steuergeldern verjähren
Laut des Oberstaatsanwalts gebe es „Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit verfahrensgeständlichen ‚Cum/Ex-Geschäften‘ eines in Hamburg ansässigen Kreditinstituts“. Die Namen Kahrs, Pawelczyk und die Sachgebietsleiterin der Finanzbehörde sind auch im Untersuchungsausschuss immer wieder ein Thema. Die Hamburger Warburg-Bank soll in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt sein. Dabei lassen sich Banken, Investoren oder Aktienhändler Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden.
Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Halfen SPD-Politiker der Warburg-Bank?
Bemerkenswert ist in dieser Sache der Entscheidungsprozess: Zunächst hatte die Sachgebietsleiterin der Finanzbehörde im Oktober 2016 die Millionen von Warburg zurückfordern wollen, nach mehreren Diskussionen im Finanzamt änderte sie im November ihre Meinung.
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Was war zwischen diesen Entscheidungen passiert? Laut den Tagebucheinträgen von Warburg-Mitinhaber Christian Olearius, die unter anderem in der „Zeit“ zitiert werden, sollen Pawelczyk und Kahrs für den Banker Berater und Türöffner in die Politik gewesen sein. Hamburger ehemaliger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius getroffen.
Warburg-Bank: Großzügige Spende für die SPD
Bei einem dieser Treffen soll Olearius an Scholz auch ein Schreiben übergeben haben, das bei dem damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) gelandet sein soll. Gegen Olearius liefen da bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung.
Brisant ist auch, dass die Hamburger SPD im Jahr 2017 von Warburg insgesamt 45.000 Euro an Spenden erhielt. Der von Kahrs geführte SPD-Kreisverband Hamburg-Mitte soll davon 38.000 Euro von Beteiligungsgesellschaften aus der Warburg-Gruppe erhalten haben. Scholz, Tschentscher sowie sämtliche Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss haben eine mögliche Einflussnahme der Politik auf Entscheidungen des Finanzamts bestritten.
Cum-Ex: Hamburger Untersuchungsausschuss geht weiter
2020 hatte die Warburg Bank schließlich 155 Millionen Euro an Steuerforderungen für die Jahre 2007 bis 2011 beglichen. Dies sei aber „nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen“. Vielmehr gehe das Geldhaus weiter rechtlich gegen die Steuerbescheide vor.
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Ob es eine Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Entscheidungen des Finanzamts gab, soll weiterhin der Hamburger Untersuchungsausschuss klären. „Ganz im Gegensatz zu allen Beteuerungen der Hamburger SPD zeigen die heutigen Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Köln deutlich, dass die Begünstigungen der Warburg-Bank immer noch hochaktuell sind“, sagt Norbert Hackbusch, Linken-Obmann im Ausschuss. Am kommenden Freitag wird der Ausschuss erneut zusammenkommen und weitere Zeugen befragen.