Demonstrationsteilnehmer stehen mit einem Plakat mit der Aufschrift "Mietenstopp - Wohnen ist Menschenrecht" vor einem Hochhaus.
  • Demonstranten in Hamburg bei einem Aktionstag für einen bundesweiten Mietenstopp.
  • Foto: dpa

Standpunkt: „Hamburgs Mieter werden immer verzweifelter“

Heike Sudmann, parlamentarische Geschäftsführerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken in Hamburg, in einem Gastbeitrag für die MOPO über die Folgen des Berliner Votums zur Enteignung von Immobilienfirmen.

Kleine Revolution in Berlin: Am Wahlsonntag stimmten 56 Prozent für die Enteignung profitorientierter Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Mehr als eine Million Berliner:innen glauben offenbar nicht mehr, dass eine schlappe Mietpreisbremse oder das ewige Mantra „Bauen, bauen, bauen“ sie vor überhöhten Mieten und vor Verdrängung schützen.

Heike Sudmann, wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke (c) dpa
Heike Sudmann
Heike Sudmann ist parlamentarische Geschäftsführerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken in Hamburg.

Nicht nur in Berlin oder Hamburg, in praktisch jeder deutschen Großstadt sind die Mieten seit Jahren rasant gestiegen. Was für die einen der private Schutz- und Rückzugsraum ist, ist für die anderen eine Geldanlage und Spekulationsobjekt. Der Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit nach 1989, der Verkauf großer öffentlicher Wohnungsbestände und die Förderung von Wohneigentum haben den Wohnungsmarkt attraktiv und lukrativ für eine ganz neue Spezies gemacht. Internationale Investor:innen, Rentenfonds und Geldanleger:innen entdeckten das Betongold. Ein sicheres Geschäft mit großer Rendite.

Wohnen in Hamburg: CDU, FDP und Immobilienlobby mit gigantischer Kampagne

In Berlin haben viele Mieter:innen die Schnauze voll von schlechten Wohnungen zu irren Quadratmeterpreisen, von Luxusmodernisierungen, von Umwandlungen der Miet- in Eigentumswohnungen, von Verdrängung aus den Stadtteilen. Die Volksinitiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ fordert, alle profitorientierten Unternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen zu enteignen. Dabei beruft sie sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, wonach Grund und Boden zum Zweck der Vergesellschaftung in Gemeineigentum überführt werden können. 240.000 Berliner Wohnungen sollen so der Spekulation und dem Markt entzogen werden.

CDU, FDP und Immobilienlobby liefen gegen den Plan Sturm und starteten eine gigantische Kampagne, die auch vor Falschinformationen nicht zurückschreckte. So wurde bewusst falsch behauptet, dass Genossenschaften enteignet oder die Mieten kräftig steigen würden.

Klare Sache: Auch Hamburgs Mieter:innen werden immer verzweifelter

Hat alles nichts genützt, über eine Million Berliner:innen stimmten am Sonntag für die Enteignung. Und mit dieser Entscheidung stehen sie nicht alleine da. In einer repräsentativen Umfrage ermittelte Radio Hamburg Mitte September, dass 41 Prozent der Hamburger:innen für Enteignungen großer Wohnungsunternehmen, 34 Prozent dagegen und 25 Prozent unentschlossen seien. Und zwar jetzt schon – ganz ohne eine Kampagne.

Klare Sache: Auch Hamburgs Mieter:innen werden immer verzweifelter. Sie sind nicht länger bereit, sich von Spekulant:innen das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen.

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Es ist die gleiche Verzweiflung und Wut, auch wenn es in Hamburg nicht so viele große profitorientierte Unternehmen gibt. Vonovia hat hier knapp 20.000 Wohnungen, Akelius 3600 Wohnungen (die gerade verkauft werden sollen). Mangels eines öffentlichen Grundbuchregisters ist es schwierig, weitere Zahlen zu ermitteln.

Damit also auch die Hamburger:innen nicht länger einen Großteil ihres Einkommens für die Miete zahlen, müssen Bundesgesetze geändert werden: für einen Mietenstopp, Mietobergrenzen und auch Mietsenkungen. Ob die neue Bundesregierung den erforderlichen Mut für so einen bundesweiten Mietendeckel hat? Ich glaube es nicht, würde mich aber zu gerne täuschen – die vielen Mieter:innen in Hamburg können sich das Warten auf wirklich wirksame Hilfe nicht länger leisten.

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