Brisante Aussage zu Cum-Ex: „In der Bank knallten die Sektkorken“
Razzien und Ärger im Finanzamt: Die Cum-Ex-Steuergeldaffäre hat Hamburg diese Woche erneut beschäftigt. Erst am Dienstag die Durchsuchungen in den Wohnungen ehemaliger SPD-Politiker und den Räumlichkeiten des Finanzamts, dann am Freitag der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA). Dort sagte ein Sachbearbeiter des Finanzamtes aus, dessen Aufgabe es war, die Warburg-Bank zu prüfen: Innerhalb des Finanzamts für Großunternehmen habe es unterschiedliche Meinungen zur Rückforderung der Steuermillionen gegeben.
„Ich war der Meinung, dass das Geld zurückgefordert werden muss“, so der ehemalige Betriebsprüfer. Dieser Ansicht soll auch die zuständige Finanzbeamtin bis Oktober 2016 gewesen sein. Dann sei sie umgeschwenkt, habe sich gegen eine Rückforderung ausgesprochen. Sie habe Angst vor einer Klage gehabt oder dass die Bank in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Diese Entscheidung ist nach Aussage der zuständigen Finanzbeamtin einvernehmlich – auch mit den Prüfern – gewesen.
Cum-Ex: Entscheidung wurde mit Sekt gefeiert
Der Bankprüfer schilderte die Vorgänge anders. An einer entscheidenden Besprechung im November habe er nicht teilgenommen. Vieles habe er nicht durch die eigene Behörde, sondern durch den Flurfunk in der Bank erfahren: „Ich habe es gewusst, weil Frau P. die Bank informiert hat und in der Bank sind die Sektkorken geknallt.“ Die „heftigen Diskussionen“ rund um Cum-Ex im Finanzamt hätten ihn auch gesundheitlich belastet.
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Der Untersuchungsausschuss soll die Frage klären, ob es zwischen den beiden Entscheidungen des Finanzamts Einfluss von führenden SPD-Politikern gegeben hat. Dies könne er nicht beantworten, sagte der Bankprüfer. Ein weiterer Mitarbeiter der Finanzbehörde sagte, es habe nach seinem Kenntnisstand keine Beeinflussung gegeben.
43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention eingefordert
Die Warburg-Bank soll in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt sein. Dabei lassen sich Banken, Investoren oder Aktienhändler Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden. Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Scholz hatte sich 2016 und 2017 mit Olearius getroffen
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf der möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Entscheidungen des Finanzamts klären. Vor allem geht es dabei um Hamburgs ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz sowie um Peter Tschentscher, der damals Finanzsenator war.
Scholz (SPD) hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius getroffen. Gegen Olearius liefen da bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung. Scholz und Tschentscher haben alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang zurückgewiesen.
Neue Brisanz erfuhr der gesamte Komplex in dieser Woche ebenfalls, als die Staatsanwaltschaft Köln in Hamburg bei einer Razzia Privaträume des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs durchsuchen ließ. Es bestehe der Anfangsverdacht auf Begünstigung. Unter Verdacht stehen laut dpa auch der frühere Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) sowie die für die Warburg-Bank zuständige Finanzbeamtin.
De Masi: Spenden sofort zurückzahlen
Die Hamburger SPD soll im Jahr 2017 von Warburg insgesamt 45.000 Euro an Spenden erhalten haben. Der von Kahrs geführte SPD-Kreisverband Hamburg-Mitte soll davon 38.000 Euro von Beteiligungsgesellschaften aus der Warburg-Gruppe erhalten haben. „Mit dem Wissen von heute hätte man die Spenden damals nicht annehmen dürfen“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Donnerstag.
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„Es ist schön, wenn Herr Dressel einsieht, dass die Warburg-Spende streng riecht. Aber so zu tun, als sei das alles neu, das ist Quatsch“, sagte der stellvertretende Fraktionschef und finanzpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Fabio De Masi. Die Ermittlungen gegen die Warburg-Bank wegen „millionenfachen Steuerraubs“ seien inklusive einer Razzia seit 2016 bekannt. De Masi fordert, dass die Hamburger SPD die Spende sofort zurückzahlt.