Bob Hanning am Smartphone
  • Bunter Vogel: Bob Hanning mag es farbenfroh. Über Geschmack lässt sich streiten. Über seine Verdienste für den Handball dagegen nicht.
  • Foto: IMAGO / wolf-sportfoto

Handball-Idol Hanning: So verrückt war meine Zeit in Hamburg

Bunte Pullis, eine große Klappe und verdammt viel dahinter. So kennt man Bob Hanning. Eine der bekanntesten und prägendsten Figuren im deutschen Handball – die umstrittenste dazu und schillerndste allemal. Gerade ist er nach acht Jahren als DHB-Vizepräsident abgetreten. Jetzt hat er ein Buch veröffentlicht. Darin erzählt der 53-Jährige auch von seiner verrückten Zeit in Hamburg beim damaligen HSV Handball. Die MOPO sprach mit Hanning über wegweisende und extreme Jahre, eine Verhaftung, Zigaretten in der Kabine, den neuen HSV Hamburg – und den Reiz des anderen HSV.

Das Timing wäre perfekt gewesen. Mittwoch spielen seine Füchse Berlin im DHB-Pokal beim HSVH in der Arena im Volkspark – an jenem Ort, an dem sich Hanning einst auf der großen Handball-Bühne einen Namen machte und die Weichen für eine erstaunliche Karriere stellte.

Ex-HSV-Trainer Bob Hanning: „Hamburg hat mich enorm geprägt“

„Hamburg war eine besondere Zeit, die mich enorm geprägt hat”, sagt Hanning, der von 2002 bis 2005 Trainer des damaligen HSV war, im Gespräch mit der MOPO. Die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte für das Duell mit den seit dieser Saison wieder erstklassigen Hamburgern fällt für ihn jedoch aus. TV-Termin. Es geht um seine gerade erschienene Autobiografie „Hanning.Macht.Handball”. Das Buch, das er mit Co-Autor Christoph Stukenbrock geschrieben hat, gibt spannende Einblicke in den Handball, den Werdegang und das Wesen Hannings.

Ein Kapitel widmet sich seiner Zeit in Hamburg, die mit einem Knall begann und endete. Hanning erzählt von seinem umstrittenen Nacht-und-Nebel-Wechsel von der SG Willstätt/Schutterwald zum HSV im Dezember 2002. Davon, wie er sein neues Team vom letzten Tabellenplatz nach oben führte und nebenbei für den chronisch klammen Klub die Werbetrommel rührte – auch mal in eigener Sache.

Als HSV-Trainer ließ sich Bob Hanning 2003 in Napoleon-Montur ablichten. Lustig oder peinlich? Die Aktion sorgte jedenfalls für Aufmerksamkeit. imago/HochZwei
Bob Hanning in Napoleon-Montur
Als HSV-Trainer ließ sich Bob Hanning 2003 in Napoleon-Montur ablichten. Lustig oder peinlich? Die Aktion sorgte jedenfalls für Aufmerksamkeit.

Berühmt-berüchtigt: Die Fotos in Napoleon-Montur. Der Spitzname „Handball-Napoleon” war geboren. „Es war ein Manöver, um von der sportlichen Krise abzulenken”, begründet Hanning rückblickend die Aktion, die ihm aber auch spürbar Freude machte. Er genoss die Aufmerksamkeit, das Spiel mit den Medien, wurde zum PR-Profi. Win-win.

Hanning und die HSV-Krise: „Es ging ums Überleben!“

Schlaflose Nächte bereitete ihm der Existenzkampf seines Klubs. „Es ging jeden Tag ums Überleben”, erinnert sich Hanning, der an vielen Fronten gefordert war und mitmischte. „Es war extrem herausfordernd, oft maximaler Nervenkitzel.” Manchmal wie im Krimi.

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Legendär: Die Verhaftung des damaligen HSV-Geschäftsführers Winfried Klimek im Dezember 2004, während sich Hanning mit dem HSV auf Europapokal-Reise in Belgrad befand. „Was total irre war: Mich rief damals ein Journalist an und fragte, ob ich schon wisse, dass Klimek verhaftet worden sei”, erzählt Hanning. „Daraufhin rief ich aus Belgrad Klimek an, der von nichts wusste. Wenige Stunden später wurde er tatsächlich verhaftet.”

Hanning vs. Rudolph: Machtkampf zwischen zwei Alpha-Männchen

Hanning war es, der Andreas Rudolph ins Boot holte. Der Mäzen rettete den HSV mit seinen Millionen vor dem Aus. Nicht lange nach Rudolphs Einstieg gerieten die Alpha-Männchen immer öfter aneinander. Ein Machtkampf um die Ausrichtung des HSV entbrannte. Rudolph habe schnellen Erfolg um jeden Preis gewollt, er selbst gesundes Wachstum auf Basis guter Nachwuchsarbeit. Das sei der wahre Grund der Trennung im Mai 2005 gewesen, nicht eine Spielerrevolte. So erzählt es Hanning. Die 300.000 Euro Abfindung nennt er „Schmerzensgeld”.

In Berlin konnte er seinen Plan verwirklichen, baute quasi aus dem Nichts einen Spitzenklub auf. „Was ich bei den Füchsen mache, ist das, was ich in Hamburg wollte”, betont Hanning. „Beim HSV habe ich die Weichen gestellt, aus dem Trainerjob auszusteigen, um mehr zu bewegen und zu gestalten.”

Hanning „gestaltet“ – auch bei der Führung seiner Spieler

Trotz des unschönen Endes denke er gerne an seine intensiven Hamburger Jahre zurück, sagt Hanning, der zahlreiche Anekdoten parat hat wie die von Goran Stojanovic. Hanning hatte einst spitzgekriegt, dass sein Torwart heimlich regelmäßig in einer Kabine der Halle rauchte, behielt das aber für sich, weil er ihn sonst hätte bestrafen müssen. Er ließ Stojanovic die Freiheiten – weil dieser regelmäßig Spitzenleistungen ablieferte.


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Stojanovic ist heute Torwart-Trainer beim HSVH. Und Chefcoach ist Torsten Jansen – den Hanning einst zum HSV lotste. Ein Glücksfall für den Verein. Bis heute. „Ich finde es absolut großartig, was Toto leistet und was für eine tolle Mannschaft er entwickelt hat”, lobt Hanning seinen früheren Spieler, den er schon in der Jugend von TUSEM Essen und in Solingen trainiert hatte. „Bei allem Erfolg ist Toto immer bescheiden geblieben, hat sich auch nie verbiegen lassen. Ich freue mich riesig für ihn.” Beide haben einen guten Draht.

Hanning: Zweiter Bildungsweg – vom Handball in den Fußball?

Verbindungen gibt es also nach wie vor, mit dem Ex-Verein habe er jedoch schon vor vielen Jahren „emotional abgeschlossen” und eine berufliche Rückkehr ist ausgeschlossen, sagt Hanning. Im Handball jedenfalls. „Wenn mich in Hamburg noch einmal eine sportliche Aufgabe reizen würde, dann tatsächlich im Fußball. Da würde ich niemals nie sagen”, schreibt Hanning in seinem Buch und kritisiert das jahrelange Missmanagement des Traditionsvereins.

Hanning und der HSV? „Was ich über den HSV-Fußball sage, war nicht als Bewerbung gemeint”, versichert der Füchse-Macher gegenüber der MOPO. Aber Hanning wäre nicht Hanning, wenn es nur so dahingesagt wäre. Eines hat er damit jedenfalls mal wieder erreicht: für Aufsehen gesorgt.

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