Heftige Vorwürfe: Holsten-Areal eine „Brutstätte von Betrug“
Die unendliche Geschichte der Spekulationen um das Areal der Holsten-Brauerei in Altona bekommt ein neues Kapitel. Und das hat es in sich. Investor Adler Group, der hier eigentlich 1200 Wohnungen errichten sollte, sieht sich massiven Anschuldigungen ausgesetzt: Ein britischer Hedgefonds-Investor behauptet, das Unternehmen sei „eine Brutstätte von Betrug, Täuschung und finanziellen Falschdarstellungen …“ Der Aktienkurs von Adler brach ein.
Im Juni dieses Jahres herrschte nach Jahren des Stillstands endlich so etwas wie Aufbruchstimmung an der Holstenstraße. Nach mehreren Weiterverkäufen, die den Wert des Holsten-Areals auf wundersame Weise mal eben von knapp 150 Millionen auf 320 Millionen katapultiert hatten, kam es zu einer Vereinbarung zwischen dem Bezirksamt Altona und dem letzten Käufer, der Adler Group. Die erklärte sich bereit, 1200 Wohnungen zu bauen, von denen 365 öffentlich gefördert werden sollen. Die Adler Group kann im Gegenzug erwarten, dass Baugenehmigungen zügig vergeben werden. Bei Adler sprach man von einem „Meilenstein“ der Stadtentwicklung, man werde 2022 mit dem Bau beginnen und 2026 fertig sein.
Hamburg: Wird das Holsten-Areal nie fertig?
Danach sieht es aber derzeit überhaupt nicht aus. Die Adler Group hat massive Probleme. Das Unternehmen besitzt nach eigenen Angaben etwa 70.000 Wohnungen. Alle Immobilien stellten laut Adler einen Wert von etwa 12 Milliarden Euro dar. Unklar ist, ob das der Buchwert oder der reale Wert ist.
Adler soll laut dem Finanzdienstleister Bloomberg einen Schuldenberg von mehr als acht Milliarden Euro vor sich herschieben. Adler selbst spricht von 6,9 Milliarden Euro Schulden. Gestern nun teilte Adler mit, man habe aktuell 15.350 Wohnungen, vor allem in Norddeutschland, und 186 Gewerbeeinheiten für knapp 1,5 Milliarden Euro an den Konkurrenten LEG Immobilien verkauft.
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Bei Adler brennt die Hütte. Das Unternehmen braucht Cash. Massiv zu der Krise beigetragen hat das britische Unternehmen Viceroy. Das hatte einen detaillierten Bericht online gestellt, der der Adler Group unterstellt, dass sie bewusst ihre wahre, prekäre finanzielle Lage verberge.
Britisches Unternehmen warnt vor Adler Group
Hinter Viceroy steht der britische Hedgefonds-Boss und Spekulant Fraser Perring. Der 47-Jährige verfolgt bei dieser Milliarden-Zockerei sehr eigene Interessen. Er wettet nämlich auf dem Finanzmarkt auf den Fall der Adler-Aktie. Doch seine Kritik an Adlers Finanzkonstrukt hat Substanz, und er steht damit auch nicht allein.
Schon einmal lag der Brite mit seinen Warnungen richtig – er war einer der Ersten, die auf den Wirecard-Skandal hinwiesen. Auch die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) nimmt den Viceroy-Bericht sehr ernst und prüft die Vorwürfe.
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Die Adler Group dagegen sieht sich zu Unrecht ins Visier genommen und wies alle Vorwürfe „auf das Schärfste zurück“. Eine konkrete MOPO-Anfrage beim Unternehmen zur Situation des Holsten-Quartiers dagegen blieb gestern unbeantwortet.
Adler Group weist Vorwürfe zurück
Wer aber steckt hinter der Adler Group? Laut Viceroy ein Netzwerk um den österreichischen Investor Cevdet Caner. Dessen Familie wiederum soll den Hauptaktionär der Adler Group, ein Unternehmen mit dem schönen Namen „Mezzanine IX Investors“ (Sitz: Luxemburg), dominieren. Gegenüber der „Welt am Sonntag“ sprach Cevdet Caner von „purer Verleumdung“.
Wer auch immer hier die Wahrheit sagt, es sieht nicht danach aus, dass die Adler Group ihren Werbespruch „Es ist unsere Mission, das Leben unserer Mieter zu bereichern …“ in naher Zukunft auf dem Holsten-Areal wahr machen wird.