Sind solche Fackelzüge noch zeitgemäß?
Es sollte eine Würdigung für den fast 20-jährigen Afghanistan-Einsatz werden, doch es endete eher in einem PR-Desaster: Der „Große Zapfenstreich“ der Bundeswehr vor dem Deutschen Bundestag und der versammelten Staatsspitze hat breite Kritik ausgelöst. Sind solche Fackelzüge mit Stahlhelmen noch zeitgemäß?
Früher kam es nach öffentlichen Gelöbnissen der Bundeswehr gerne mal zu Straßenschlachten. Heute toben sich die Zornigen eher auf Twitter aus. „Ich finde Fackelmärsche von Uniformierten vor den Reichstag richtig, richtig Scheiße. Egal aus welchem Anlass“, schrieb etwa der Satiriker Jan Böhmermann. Mit dieser Haltung stand er keineswegs alleine da: „In dem Krieg starben etwa 175.000 Menschen – meist Zivilisten. Nichts ist gut in Afghanistan. Was gibt es da zu feiern“, fragt Hans-Christian Ströbele (Grüne).
Einige fühlten sich auch an die NS-Zeit erinnert. Der Hashtag „Wehrmacht“ trendete sogar bei Twitter. Ein Grund: Teile der Bundeswehr waren in den vergangenen Jahren immer wieder durch rechte Umtriebe aufgefallen. Zuletzt hatte es den Verdacht einer rechtsextremen Vereinigung beim Wachbataillon der Bundeswehr gegeben.
Verteidigungsministerium wehrt sich gegen die Kritik
Die Kritik blieb aber auch nicht ohne Widerspruch: „Der Große Zapfenstreich gilt unseren Soldatinnen und Soldaten. Er ist Ehre für die Truppe. Hier werden Menschen gewürdigt, die ihr Leben für die Demokratie eingesetzt haben. Das politisch zu missbrauchen, ist unwürdig“, schreib das Verteidigungsministerium in einer Stellungnahme.
Und weiter: „Vergleiche mit dem dunkelsten Kapitel Deutschlands enttäuschen uns.“ Der FDP-Politiker Marco Buschmann empörte sich: „Wer die Parlamentsarmee Bundeswehr wegen eines Jahrhunderte alten Zermoniells mit der Wehrmacht vergleicht, hat die Kontrolle über sein Denken verloren.“
Gemische Gefühle bei ausländischen Beobachtern
Allerdings kam Kritik nicht nur aus Deutschland. Auch im Ausland weckten die Bilder vom Reichstag durchaus gemischte Gefühle. Der BBC-Korrespondent Anthony Zurcher fragte, ob „man das bitte unterlassen könnte“. Die US-Journalistin Julia Ioffe teilte die Bilder auf Twitter und schrieb dazu: „Das müsste eigentlich mit einer Triggerwarnung kommen“.
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Der im 16. Jahrhundert entstandene „Große Zapfenstreich“ kommt vom Brauch, dass Offiziere einst mit ihren Säbeln über Bier- und Weinfässer strichen, um den Soldaten die Nachtruhe anzukündigen. Das heute wichtigste Zeremoniell der Truppe hat mit einer ausgelassenen Feier oder Hurra-Patriotismus wenig zu tun.
Bundespräsident Steinmeier warnt vor Resignation
So schlug Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede am Donnerstagabend nachdenkliche Töne an: „Zwanzig Jahre nach dem 11. September stellen viele Menschen, die in Afghanistan gedient und gelitten haben, Fragen. Fragen nach dem Sinn dieses Einsatzes. Es sind schwierige Fragen, bittere Fragen. Sie richten sich an das Parlament und an die Regierungen, die die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt haben.“ Rückzug und Resignation seien aber die falschen Antworten, so Steinmeier. Stattdessen müsse deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nun „ehrlicher, klüger und stärker“ werden.